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Primaten


Positiv hervorzuheben ist die relativ enge Verflechtung der Darstellung des Autors mit seinem primatologischen Fachwissen.

Als ein zentrales Element seiner Argumentation arbeitet er beispielweise heraus, wieviel Zeit und Energie (langwieriges Kauen) die Schimpansen ungekochte Nahrung kostet.

Erst durch gekochte Pflanzennahrung sei die Voraussetzung für längere Jagdzüge (und vielleicht auch anderer Aktivitäten) des Menschen geschaffen worden.
Der Autor stellt auch eine Beziehung zu Theorien der Evolution des Menschen als Läufer her. Offenbar hält er Rohköstler nicht für fähig zu solchen Leistungen. - Die Ausdauer des Menschen beim Davonlaufen erforderte auch eine reduzierte Körperbehaarung (Wärmeisolierung), soll folglich die Ursache des Verlustes des äffischen Haarkleides gewesen sein.


Die mit dem Menschen am nächsten verwandten Schimpansen sind eigentlich reine Fruchtfresser und müssen aus diesem Grunde längere Wege bzw. Klettertouren zur Nahrungserlangung zurücklegen. Oft müssen sie sich auf kleine Gruppen oder sogar Einzelindividuen aufteilen. Wegen ihrer unsicheren Ernährungsgrundlage bilden sie keine festen Beziehungen. Außerdem haben sie ein gebremstes Reproduktionsverhalten: die erste Geburt erfolge erst im Alter von 14 Jahren, Geburtsintervalle beliefen sich auf 5 - 6 Jahre.

Gorillas begnügen sich im Gegensatz zu den Schimpansen auch mit Blätterkost und können daher auch die tropischen Hochlagen besiedeln. Wegen dieser sicheren Nahrungsgrundlage gehen sie stabile familiäre Bindungen ein und erreichen eine raschere Reproduktion.


Im Vergleich zu Primaten und anderen Tieren ist es zu einer Umstrukturierung des menschlichen Verhaltens gekommen:
- Primaten und Grasfresser müssen ständig Pflanzennahrung zu sich nehmen, die sie durch langes Kauen aufschließen;
- Menschen verkürzen die Zeit des Verzehrs, indem sie sich länger mit Beschaffung und Vorbehandlung ihrer Nahrung beschäftigen.

Menschen benötigen 80 % weniger Zeit für das Kauen als Primaten. Schimpansen benötigen beispielsweise für die tägliche Aufnahme von 1550 (Männchen) bis 1850 Kalorien (Weibchen) durch das langwierige Kauen von Wildpflanzen täglich etwa 6 h (also den halben Tag) und können deshalb nur sehr wenig Zeit für die Jagd erübrigen: im Abstand mehrer Tage jagen sie jeweils weniger als 20 min.

Dennoch nehme der Mensch täglich "mehr Energie auf als ein nichtmenschlicher Primat mit vergleichbarem Körpergewicht".

Auch die höhere Intelligenz des Menschen könnte leicht auf eine verbesserte Qualität seiner Nahrung zurückgeführt werden. Großer Beliebtheit erfreute sich die Theorie, dass Fleischverzehr den entscheidenden Ernährungsfortschritt des Menschen darstellte, doch der Autor dieses Buches schreibt den Qualitätsschub seiner Ernährung der systematischen Anwendung des Kochens zu.



Fleischverzehr und Feuergebrauch


EXKURS Die Prädatoren

Der Mensch teilt einige unangenehme Eigenschaften mit der ihm am nächsten verwandten Art, dem Schimpansen, die anderen Primaten fehlen: die Neigung zur Aggressivität zwischen Artgenossen und die Neigung zum Mord an anderen (Affen-) Arten zwecks Fleischgenuss! - Wobei der Verdacht besteht, dass dieser Fleischgenuss möglicherweise ursprünglich nur als Statussymbol dominanter (oder hysterischer) Männchen fungierte.

Hier muss man die schicksalhafte Frage stellen:
- sind Schimpansen geistig gesund oder leiden sie an einem genetischen Defekt?
(dieselbe Frage stellt sich für die mit ihnen verwandte Abstammungslinie des Menschen);
- oder verleitete gar erst der durch die Ausbreitung des Menschen verursachte Stress Schimpansen zum Töten und zum Fleischverzehr als psychopathische Zwangshandlung?

Viele Insekten, Reptilien und Vögel ernähren sich von tierischer Kost; ein großer Teil der Säugetiere und fast alle Affen aber nicht. Warum kam der Mensch vom Wege ab?



Rohes Fleisch

Früher nahm man an, dass Eskimos Fleisch roh essen; das scheint durch die Beobachtungen von Vilhjámur Stefánsson widerlegt worden zu sein. Eskimos verwenden Tran als Brennstoff.

Andererseits wird der Bericht einer schiffbrüchigen Familie angeführt, deren einmonatige Beschränkung auf rohen Fisch und rohes Schildkröten-Fleisch sich eher positiv auf ihre Gesundheit auswirkte.
John Reed berichtet aus der Revolutionszeit in Mexiko, dass die kämpfende Truppe Pancho Villas sich notfalls mit dem rohen Fleisch toter Pferde verpflegte.


Über Generationen galten rohe Eier als eine ideale Form der Protein-Ernährung. Doch Richard Wrangham berichtet, dass das Kochen von Eiern die Verdaulichkeit ihres Proteins um etwa 40 % erhöhe.


Feuer

Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass savannenbewohnende Vormenschen bei Buschbränden umgekommene und gegarte Tiere gegessen haben, doch welche pflanzliche Nahrung könnte durch Wildfeuer an Qualität gewinnen?


Eine noch größere Bedeutung scheint das Feuer für den Menschen als Mittel zur Selbstverteidigung gehabt zu haben:

"Schimpansen errichten in etwa fünf Minuten eine Schlafstätte, indem sie auf allen vieren über dem geplanten Nest stehen und Zweige zu sich herüberbiegen. Einige größere Zweige brechen sie ab und verflechten sie mit den anderen zu einer Plattform, auf die sie zum Schluss einige belaubte Zweige als Kissen oder Polster legen, um es sich bequem zu machen." [R. Wrangham]

Der Homo erectus besaß weder die Greiffüße, noch das Gleichgewichtssystem (das sog. 'Labyrint' im Innenohr), um so etwas zustande zu bringen. Seine einzige Chance, sich gegen inzwischen ausgestorbene Raubkatzen etc. durchzusetzen, sei der Gebrauch des Feuers gewesen. Daraus folgt, dass (der wahrscheinlich noch kletterfähige) Homo habilis als Vorläufer des H. erectus irgendwann einmal den Gebrauch des Feuers erlernt haben muss. Er sei aber während großer Teile seiner Entwicklung noch Rohköstler gewesen.

Außerdem führt der Autor verschiedene Quellen an, die belegen, dass sogar Schimpansen mit Feuer umgehen können.



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Kochen als Grundlage menschlicher Kultur
Rohköstler-Schelte und Heimischer Herd
Menschliches Sozialverhalten


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