Intro


Esskastanie_aktuell

Ausgabe 1.3.2006


Neue Sorten

Trocken-Kastanien

Tauchbehandlung





Neue Sorten (Herbst 2005)

Durch e-mail-Zuschriften habe ich von neuen großfruchtigen Esskastanien-Sorten erfahren, die von schweizerischen Baumschulen in den Handel gebracht werden.

Seit den 80-er Jahren haben die Eidgenössische Forschungsanstalt Wädenswil (FAW) und die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) Sorten selektiert, bonitiert und verkostet.
Schließlich wurden von ihnen eine Reihe von Hybriden mit der Japanischen Kastanie (Castanea crenata) als anbauwürdig für unser Klima eingestuft. Dabei handelt es sich um die neuen schweizerischen Selektionen 'Brunella', 'Golino' und 'Marowa' und die bekannte französische INRA-Sorte 'Bouche de Betizac'.

Eine Sortenbeschreibung von Alfred Husistein und Peter Rusterholz aus der "Schweizerischen Zeitschrift für Obst- und Weinbau" Nr.6/99 wurde im Internet auf der Website www.faw.ch bei den Publikationen veröffentlicht.
Diese Sorten werden hier ausdrücklich nicht für den Erwerbsobstbau empfohlen, sondern nur für den privaten Obstgarten. Erwerbsgärtner nördlich der Alpen müssen sich daher weiterhin um eigene Selektionen und Abnehmerkreise bemühen, weil es hierzulande keine erprobten und großfruchtigen Sorten gibt.

Die erwähnten Sorten sind keine Maronen im eigentlichen Sinne, weil sie ihre Großfrüchtigkeit der Einkreuzung von C. crenata verdanken. Dieser Art werden vergleichsweise schlechtere Geschmackseigenschaften zugesprochen.
Überhaupt hat sich gezeigt, dass das genetische Material der westlichen Arten kaum durch Kreuzungen zu verbessern ist. Die Einfuhr der ostasiatischen Arten hat im Gegenteil zur Ausbreitung des extrem gefährlichen Rindenkrebses geführt.
Obwohl die Japanische Kastanie ziemlich resistent gegenüber dieser Pilzinfektion ist, ist von der französischen Sorte 'Bouche de Betizac' bekannt, dass sich diese Resistenz nicht erhalten hat.

Angesichts der nur wenige Jahre zurückliegenden Rindenkrebs-Epidemie sollte man sich vornehmlich um den Erhalt der einheimischen Kastanie bemühen; es gibt gute Gründe, ihr Genmaterial nicht mit ostasiatischen Arten zu vermischen. Für Obstbauer dürfte deren größter Nutzen darin bestehen, dass sie schwachwüchsig sind und dadurch auch zu einer Ernteverfrühung führen. Dafür werden derartige Hybriden sicher nicht das hohe Lebensalter der Wildformen und Maronen erreichen.

Obwohl es Hybriden mit C. crenata gibt, die gute Bestäuber sind, soll die Sorte 'Bouche de Betizac' als Bestäuber steril bleiben. Über die Bestäuber-Eigenschaften der anderen drei Sorten gibt es noch keine Informationen.
Vorerst wird es daher notwendig bleiben, die einheimische Esskastanie als Bestäuber dazu zu pflanzen, um den Fruchtansatz zu gewährleisten.

Die positiven Eigenschaften der neuen Sorten sollen in ihrer doch hervorstechenden Fruchtqualität liegen. Diese äußert sich besonders in der problemlosen Verarbeitung beim Frischverzehr, also der Schälbarkeit. Besonders schwachwüchsig ist die Sorte 'Golino'.






Trocken-Kastanien (Winter 2005/06)

Ende des Jahres 2005 konnte man im Supermarkt preiswerte französische Esskastanien im Kilobeutel kaufen, die als Maronen deklariert waren. Die Früchte waren klein und mit zähen Innenhäuten ausgestattet, also meiner Ansicht nach gewöhnliche Kastanien. Das muss bei richtiger Zubereitung aber kein Mangel sein.

Außerdem ließen sich die Kastanien nicht in der Pfanne rösten, weil sie ausgetrocknet waren.
Bei genauerer Untersuchung stellte sich heraus, dass sie sich aber ohne Vorbehandlung problemlos schälen ließen. Schale und Innenhaut waren völlig trocken und mürbe.

Ich habe schon des Öfteren festgestellt, dass Esskastanien im Einzelhandel aufgrund falscher Lagerung verdorben waren. Doch diese waren so hart, dass dies möglicherweise nicht das Resultat eines natürlichen Austrocknungsvorganges gewesen war.
Verkauft worden wären demnach also keine frischen Kastanien, sondern künstlich getrocknete, ohne dass dies auf dem Etikett angegeben war.
Doch sollte sich ein Käufer erst einmal an getrockneten Kastanien die Zähne ausgebissen haben, wird er nie wieder welche kaufen.

Die Haltbarmachung von Kastanien durch Trocknung ist an sich keine schlechte Idee, weil die stark zerfurchten Kastanien durch Eintritt von Feuchtigkeit schneller verderben als dicke Maronen.
Getrocknete Kastanien sind so hart, dass sie vor dem langen Kochen 12 bis 24 h eingeweicht werden müssen.
Es ist übrigens auch anzunehmen, dass die kleineren und zerfurchten Kastanien schneller austrocknen als Maronen.





Tauchbehandlung (Februar 2006)

Um das Austrocknen der geernteten Kastanienfrüchte zu verhindern, werden sie längere Zeit eingeweicht und dann gründlich, aber lediglich mit Kaltluft getrocknet.
Das scheint in krassem Widerspruch zu der Anfälligkeit der Früchte für Fäulnis zu stehen. Derartig vorbehandelt sollen sie sich aber dennoch 3 - 4 Monate halten, wenn man sie in trockenen (!) Sand einschichtet.

Offensichtlich erfolgt gerade die Vorbehandlung der besten Früchte, die in der Weihnachtszeit frisch geröstet verkauft werden, auf diese Weise. Im Gegensatz zu der Ware im Einzelhandel findet sich bislang bei den Kastanienröstern fast nie eine verdorbene oder harte Frucht.

Eine Erklärung hierfür fand sich in einem Artikel der "Schweizerischen Zeitschrift für Obst- und Weinbau" Nr.6/99 von Peter Rusterholz und Alfred Husistein, der im Internet als pdf-Datei zugänglich ist (auf der schon oben erwähnten Website der Eidgenossenschaftlichen Forschungsanstalt Wädenswil):

Demnach werden durch ein 6- bis 9-tägiges Tauchbad bei mehrmaligem Erneuern des Wassers alle löslichen Kohlenhydrate (Zucker) der Samenkerne ausgeschwemmt, sodass ein späterer Befall mit Pilzen und Bakterien verhindert wird.
Zudem kann man bei einem Tauchbad die schon vorher durch Wurmbefall und Fäulnis verdorbenen Früchte aussortieren, weil sie obenauf schwimmen.

Übrigens werden Kastanien auch einer Heisswasser-Behandlung unterzogen, um Wurmeier abzutöten.


Die Konditionierung der Esskastanien für Lagerung und Handel ist von großer Bedeutung. Daher würde ich mich über weitere Informationen und praktische Erfahrungen zu diesem Thema sehr freuen!


Kontakt

grafische email-Adresse





-> Informieren Sie sich über mein Buch "Die Esskastanien." !







Copyright © Stephan Hahn, 3.3.2006
All Rights reserved.