Seebeben mit anschließendem Tsunami in Südasien, Weihnachten 2004


Auswirkungen auf einzelne Regionen


Aceh auf Sumatra

Nikobaren und Andamanen

Thailand

Sri Lanka

Indien

Ostafrika


Aceh auf Sumatra

Sumatra scheint nur in seiner nördlichsten Provinz Aceh katastrophal verwüstet worden zu sein, der Tsunami drang hier an der Westküste etwa drei Kilometer tief ins Landesinnere ein. Die indonesische Nachrichtenagentur meldete, von der Westküste sei kein Lebenszeichen mehr zu empfangen; das mag aber lediglich daran gelegen haben, dass die Infrastruktur zerstört war.

Aus Aceh gelangten Bilder riesiger flacher Ebenen zu uns, die unter einer dunklen Schlammschicht begraben waren, wobei alle Bäume und Gebäude eingeebnet waren. Außerdem wurden offenbar ganze Küstenbereiche ins Meer gerissen [N24, 5.1.2005].

Zuerst erfuhr man von der totalen Zerstörung der Stadt Meulaboh, in deren tiefliegender Umgebung 40000 Todesopfer zu befürchten waren. Auch die Provinzhauptstadt Banda Aceh an der Nordspitze der Insel mit 400000 Einwohnern wurde völlig zerstört, obwohl sie gar nicht unmittelbar am Meer liegt, - diese Stadt liegt jedoch in einer Senke. Im Stadtgebiet hielten sich große Brackwasser-Flächen, außerdem wurden auch hier Küstenstreifen weggespült.


Eine humanitäre Hilfe der indonesischen Institutionen mag wegen des angespannten Verhältnisses der Provinz Aceh zur Zentralregierung erst mit einer gewissen Verzögerung in Gang gekommen sein. Die indonesischen Medien behandelten die Katastrophe zuerst mit auffallender Zurückhaltung.

Wegen des zum Zeitpunkt der Katastrophe geltenden Ausnahmezustandes und Kriegsrechtes wurde internationalen Hilfsorganisationen die Einreise verwehrt. Andererseits konnten von den mehr als 20000 stationierten Soldaten sofort genügend Helfer eingesetzt werden; anscheinend reichte aber auch das Equipment der Armee nicht aus, um der Lage Herr zu werden. Außerdem musste der Flugplatz von Banda Aceh als Tor zur Außenwelt erst wieder hergerichtet werden.

Ein besonderes Hindernis bedeutete aber, dass die Westküste wegen der Gebirge vom Inland aus kaum zugänglich ist, Häfen und Küstenstraßen dagegen vollkommen zerstört waren. Nach einigen Flügen des indonesischen Militärs wurden hier seit dem Jahreswechsel auch Hubschrauber des Flugzeugträgers "USS Abraham Lincoln" eingesetzt.

Am letzten Tag des Jahres wurde die Zahl der Opfer in Aceh schon mit 80000 angegeben, weit mehr als eine Millionen Menschen waren obdachlos. Allein über 70000 Bewohner Simeulues flüchteten sich auf höher gelegene Teile der Insel [The Jakarta Post, 31.12.2004]; 7000 waren hier umgekommen [The Jakarta Post, 29.12.2004]. Nach einem Bericht einer australischen Zeitung ist auf Simeulue dagegen nur ein sehr geringer Anteil der Bevölkerung umgekommen, weil sich alle entsprechend ihren überlieferten Erfahrungen sofort nach dem Beben ins Landesinnere geflüchtet hätten.

Wegen der totalen Zerstörung der gut 3 Millionen Einwohner zählenden Provinz rechneten die Behörden sogar mit einem Ansteigen der Opfer auf 400000. Bis zum 5.1.2005 hatte man 95000 Tote gezählt, am 23.1.2005 konkretisierte Indonesien die Zahl seiner Toten auf 174000. Dann wird erklärt, etwa 97000 Todesopfer seien bestätigt und für die mehr als 132000 Vermissten des Landes bestehe keine Hoffnung mehr; somit seien allein in diesem Land 230000 Tote zu beklagen.

Durch den Verlust landwirtschaftlicher Kulturen, Böden und Anbauflächen ist ein Großteil der Bevölkerung seiner Einkommensmöglichkeiten beraubt. Die UNO schätzt, dass außer den Ernten auch 40000 Hektar Nassreisfelder bleibend zerstört wurden. Durch die Zerstörung der baulichen Infrastruktur ist das gesamte Kleingewerbe ruiniert. Die schon vorher überschuldeten Fischer, weil wegen Überfischung keine ausreichenden Erträge zu erzielen waren, sind besonders schwer betroffen. [Paul Brown in 'The Guardian' online, 22.1.2005]


Nikobaren und Andamanen

Auf den unmittelbar nördlich von Sumatra liegenden Nikobaren wurden Dörfer und Küstenstrassen weggespült. Besonders betroffen waren die nördlichen Inseln der Nikobaren Car Nicobar, Chowrah und Newcombrie. Auf der flachen Car Nicobar-Insel wurden alle 12 Dörfer weggespült, die Hälfte der 30000 Einwohner wurde vermisst. Auf der ebenso flachen Nikobaren-Insel Chowrah sollen 1000 Menschen ins Meer gespült worden sein. [Gero von Randow in DIE ZEIT, 5.1.2005]

Durch die Futwelle sollen viele Strände abgespült und einige kleine Inseln ganz verschwunden sein, - in einer Klimasituation, in der die tropischen Inselwelten ohnehin unter einem bedrohlichen Flächenschwund leiden. Auch tektonische Veränderungen wurden hervorgerufen. Die nördlichen Andamanen sollen dagegen sehr glimpflich davon gekommen sein.

Das Versorgungsproblem mit Nahrung und Trinkwasser war auf diesen Inseln besonders bedrohlich, weil außer den Wohnstätten auch die Verkehrs-Infrastruktur vernichtet worden war. Alle Häfen und ein Luftwaffenstützpunkt wurden zerstört und es mangelte offenbar an Hubschraubern. Hilfsgüter kamen nur bis in die Insel-Hauptstadt Port Blair; dort wurden auch Auffanglager eingerichtet. Aber was nützte dies den Bewohnern der weit entfernten kleinen Inseln, namentlich denen im Süden. Die indische Armee evakuierte einige tausend Inselbewohner aufs Festland [FAZ, 4.1.2005].

Man fürchtete um das Überleben des Naturvolkes der Nikobaresen und fünf weiterer Stämme. Da sich diese Minderheiten aber überwiegend in Dschungelgebieten der zentralen Hügelländer aufhalten, wurde bald Entwarnung gegeben [SPIEGEL ONLINE, 31.12.2004].


Thailand

Die Touristen-Orte wurden evakuiert, ohne dass man sich im Westen über das Ausmass der Katastrophe völlig im Klaren war. Hier hielten sich besonders viele deutsche und skandinavische Gäste auf und von den zunächst aufgefundenen Toten waren die Hälfte Touristen.

Ein thailändisches Internet-Portal [sawadee.com] veröffentlichte eine Karte mit den von Flutwellen erfassten Gebieten, tatsächlich nur relativ kleine Küstenabschnitte und einige Inseln, darunter die von einem Stammesvolk bewohnten Similan-Inseln. Die Wogen reichten nicht so tief ins Landesinnere wie in Aceh, womöglich wegen steilerer Küsten.

Am schwersten verwüstet wurde das Gebiet von Khao Lak und die Provinz Phang Nga nördlich der Ferieninsel Phuket. Die Fluten sind nur hier weit ins Inland eingedrungen. In den nächsten Tagen fand man fast 4000 Leichen. Hier wurde auch das Luxushotel "Magic Lagoon" völlig zerstört, wobei mehr als die Hälfte der überwiegend deutschen Gäste umgekommen sein sollen [SPIEGEL ONLINE, 29.12.2004].

Allein in Khao Lak soll die Hälfte aller Todesfälle Thailands zu beklagen sein. Etwa 20 Hotelkomplexe wurden zerstört. In der Provinz Phangnga waren nicht nur die Strände betroffen, sondern auch die der Küste unmittelbar vorgelagerten Inseln.

Desweiteren wurden die Ferieninseln von Phi Phi stark verwüstet, 200 Ferienbungalows sollen ins Meer gespült worden sein. Während in Phuket nur einige Strände wie der von Phatong betroffen waren, wurde auf der weiter im Süden gelegenen Lanta-Insel die größte zusammenhängende Fläche in Thailand verwüstet.

Bis zum 5.1.2005 mussten die zuständigen Stellen den Tod von 5250 Menschen eingestehen, darunter über 2000 Touristen. Bis Ende Januar waren keine neuen Zahlen veröffentlicht worden. Für die 4 - 6000 Vermissten dürfte aber nun keine Hoffnung mehr bestehen.

Auch in Myanmar soll es angeblich viele Todesopfer und Küstenorte mit tausenden von Obdachlosen geben, die Junta wolle aber um keinen Preis ausländische Beobachter im Land haben.


Sri Lanka

Weil der Indische Ozean seltener als der Pazifische von Tsunamis heimgesucht wurde, bedeutete diese Flutwelle für die Insel eine Katastrophe, auf die sie nicht vorbereitet war. Deshalb erfuhr die Welt zuerst von hier aus ihr Ausmaß und zuerst wurden hier die meisten Opfer gezählt.

Die Flutwelle erreichte den größten Teil von Sri Lankas Küsten, lediglich ein Teil die nördliche Westküste blieb verschont.

Die lankesische 'Daily News' berichtete am folgenden Tag, die Südküste sei am stärksten betroffen, obwohl sie nicht in Laufrichtung des Tsunami liegt. Hier erfasste die Flutwelle einen Personenzug mit etwa 2000 Insassen westlich von Galle, von denen weit mehr als die Hälfte umkamen. Damit verursachte das Seebeben auch den größten Unfall in der Geschichte des Eisenbahnverkehrs [General-Anzeiger, 4.1.2005].

Im Ruhuna-Yala-Nationalpark sollen dem Tsunami neben dem Staff und der Safari-Lodge auch eine sehr große Touristengruppe zum Opfer gefallen sein: am Morgen seien 250 Fahrzeuge mit Besuchern in den Park gefahren, aber nur 30 seien zurückgekehrt [Daily News, 28.12.2004].

An der Ostküste waren Batticaloa und Trincomallee besonders betroffen; im Batticaloa-Gebiet mit seiner großen Lagune wurden auch viele Menschen obdachlos und die Straßen zerstört.

Während sein Fischereihafen Modera beschädigt wurde, blieb Colombo selbst verschont; 'Daily News' berichtete sogar von vielen Toten in der Stadt Chilaw nördlich von Colombo.

In dem von Tamilen kontrollierten Gebiet im Norden sollen 3000 Menschen umgekommen sein. Auch die gefürchtete Kriegsflotte der Tamil Tigers soll durch den Tsunami zerstört worden sein. Die Tamilische Befreiungsfront forderte eine von Colombo unabhängige internationale Hilfe. Ein Tamilen-Sprecher behauptete, Hilfslieferungen seien von der Regierung in Sri Lanka zurückgehalten worden. Letztere gab demgegenüber an, sie habe den tamilischen Norden im Gegenteil viel großzügiger bedacht als die eigenen Notstandsgebiete. [Jonathan Steele in 'The Guardian' online, 5.1.2005]

Zu Beginn des neuen Jahres hatte man 30000 Tote gezählt, gut zwei Wochen später sprach man von mehr als 40000. Außerdem waren eine Millionen Menschen obdachlos geworden und etwa 100000 Häuser zerstört worden.

Kurz nach dem Tsunami wurden durch das Einsetzen starker Monsun-Niederschläge viele der betroffenen Gebiete unzugänglich.


Indien

Auch in Tamil Nadu wurden schon in den ersten Tagen 6000 Tote gefunden, wie schon erwähnt mit einem sehr hohen Anteil an Kindern.

Die Strände bei Karaikal und Nagapattinam im Süden wurden stark verwüstet, so dass hier sehr viele Flutopfer zu beklagen waren.

In Madras (Chennai) wurden zwar Hüttensiedlungen am Strand weggespült, der Hafen blieb aber funktionsfähig. Ein Kernreaktor südlich von Madras wurde nach seiner Überflutung abgeschaltet.

Insgesamt dürfte Indien 15000 Todesopfer zu beklagen haben, wobei die Andamanen und Nikobaren einbezogen sind.

Indien, das fremde Hilfe dankend ablehnte, präsentierte sich als Regionalmacht mit gut ausgerüsteter Armee, die für den Katastropheneinsatz nutzbar ist; die Marine wurde auch in Sri Lanka eingesetzt [FAZ, am 4.1.2005].


Ostafrika

Die auf einer exponierten Halbinsel gelegene Stadt Hafun im nördlichen Somalia wurde durch den Tsunami zerstört, die Bewohner konnten sich aber retten [SPIEGEL ONLINE, 29.12.2004]. Die Zahl der Toten im nördlichen Somalia wird auf 200 geschätzt, zehntausende sind obdachlos. Dabei fehlen jegliche Informationen aus dem von Warlords beherrschten Süden.

Auch durch die Kontamination der Brunnen mit Salzwasser entstanden große Probleme. Der UNO zufolge sollen in Somalia 2400 Fischerboote zerstört worden sein. Durch Zerstörung ihrer Boote und Netze mögen 30000 Fischer ihres Einkommens beraubt worden sein.

Auch auf den Seychellen richtete der Tsunami schwere Schäden an, z.B. wurde eine Brücke zerstört [WIKINEWS, 2.1.2005].



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