Betriebliche Rahmenbedingungen



Kleinbetriebe wirtschaften besonders Arbeits- und Lohn-intensiv, für Großbetriebe sind die extensiveren Betriebszweige Getreidebau und Rindermast rentabler [Andreae 1985].

Hieraus ergibt sich das Dilemma bestimmter gesellschaftlicher Strukturen, dass durch Aufgabe kleiner Betriebsformen eine Extensivierung der Landwirtschaft erfolgt. Diese Extensivierung muss außerdem zu einer Vereinheitlichung des Angebots führen, wenn nicht von gewerblichen Abnehmern für eine Diversifizierung des Angebots gesorgt werden kann.


Beim Zwang zum Zuerwerb kommt es in industrialisierten Gesellschaften regelmäßig zur Aufgabe der Landbewirtschaftung in der Folgegeneration.

Zur Erwirtschaftung der Lebenshaltungskosten in einer technisierten Landwirtschaft war die Vervielfachung der Betriebsgrößen und Tierbestände notwendig; lediglich die Milchviehhaltung erlaubte bei einer vergleichsweise geringen Aufstockung noch relativ stabile Rückflüsse. [Heißenhuber 1994]

Dennoch besteht auch weiterhin das Problem der Lebenshaltung oder Selbstversorgung der Bevölkerung. Industrielle Produktion ist der teilweise politisch gewollte Widersacher des landwirtschaftlichen Klein- oder Familienbetriebes. Aber so wie der Familienbetrieb nur bei Erwirtschaftung der Lebenshaltung sinnvoll ist, ist auch die industrielle Produktion nach Unterbindung der individuellen Selbstversorgung nur bei Vollbeschäftigung funktional lebenserhaltend.

Vielerorts kann die Industrialisierung die Vollbeschäftigung noch nicht oder nicht mehr gewährleisten, so dass eine zusätzliche Selbstversorgung anzustreben ist.



Laut "dtv-Atlas zur Ökologie" überschreiten die technischen Vorleistungen für die landwirtschaftliche Produktion (Energie, Agrarchemie u.a.) seit den 80-er Jahren 50 % des nominellen Produktionswertes [Heinrich/ Hergt 1992].

In den Industrieländern wird der Produktionsfaktor Arbeit durch Kapital und Investitionsgüter ersetzt, häufig fehlt es hier auch an Boden (jedenfalls als Standort des Pflanzenbaus). Grund für die Substituierung von Boden und Arbeit ist aber nicht die Qualität des Kapital- und Technologie-Einsatzes, sondern der infolge der politischen Rahmenbedingungen verhältnismäßig niedrige Preis derselben. [Andreae 1985]

Ein Risiko der kapital- bzw. technologieintensiven Agrarproduktion besteht darin, dass sie einer erhöhten Gefährdung durch Preisverfall, Mißernten, Schädlingsbefall ausgesetzt ist. Investitionsgüter erzielen nur eine verhältnismäßig niedrige Grenzproduktivität. Auch Boden und Arbeit verlangen wegen ihres hohen Preises einen ganz gezielten Einsatz zur Erhöhung ihrer Grenzproduktivität. [Andreae 1985]


Pflanzenschutz könnte den Grenzertrag und das Aufwandoptimum der chemischen Düngung erhöhen. Andererseits kann der Mehrertrag auf Grund höherer Düngung durch notwendige zusätzliche Pflanzenschutzmaßnahmen geschmälert werden.

Anfallende Pflanzenschutz-Kosten werden nicht unbedingt durch höhere Erträge gedeckt. - Beispiele: zur Kostendeckung des chemischen Pflanzenschutzes in Winterweizen war ein Mehrertrag von 20 - 30 dt/ha notwendig, in Zuckerrüben ein Mehrertrag von 140 - 170 dt/ha (im Zuckerrüben-Anbau besteht der Pflanzenschutz hauptsächlich in der Herbizid- Anwendung). Sinkende Marktpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse hatten daher manchmal auch den positiven Effekt, dass der kostenaufwändige Einsatz von Pflanzenschutzmitteln eingeschränkt wurde. [Heitefuss 2000]

Genauso könnten zu niedrige Preise zur Aufgabe der eingesetzten Technologie als Ganzes zwingen. Dagegen spricht der enorme Nachfrage-Überhang der Konsumenten landwirtschaftlicher Produkte.


Technik beschleunigt und und vergrößert die Produktionsleistung und ist daher für marktorientierte Ziele fast unumgänglich. Eine subsistenzorientierte Produktionsweise ist weit weniger auf technischen Aufwand angewiesen.

Technologie-intensive Produktionsweisen erzielen einen nur verhältnismäßig geringen Anteil am Rohertrag; sie sind daher besonders anfällig gegenüber den durch Schäden aller Art entstehenden Verlusten und Kosten. Die Aufrechterhaltung konstanter Erntemengen bleibt aber notwendig, um den Gewinn zu sichern oder wenigstens die Kosten zu decken.

Hoher technischer Aufwand stellt im Vergleich zu natürlicher Produktivität einen Teufelskreis dar. Es ist daher eine vordringliche Aufgabe, die natürliche, nicht die Technologie-basierte Produktivität zu fördern.



Spezialisierung auf einen Betriebszweig wurde oft als Folge der Investitionen in Spezialmaschinen, insbesondere Vollerntemaschinen, zur Einsparung von Lohnkosten notwendig. Gerade bei normalen Betriebsgrößen war dies der einzige Weg, um eine Vollmechanisierung zu erreichen. [Andreae 1985]

Außerdem ist eine Spezialisierung auf bestimmte lokal vorhandene Verarbeitungsindustrien oder Absatzschienen möglich.

In dünnbesiedelten Ländern wie in Amerika, Mittelasien oder in Spanien wurde nie eine Diversifizierung der Landwirtschaft wegen Bodenknappheit verfolgt. Die Produktion orientierte sich an überregionalen und globalen Märkten.
Typische Betriebsformen sind hier spezialisierte Feldbauwirtschaft („Farming“) und stationäre Weidewirtschaft („Ranching“). [Andreae 1985]


Diversifizierung ist manchmal eine Notwendigkeit, um intensivere Betriebszweige zu ermöglichen.

Eine Vielfalt der landwirtschaftlichen Produktionszweige verbessert das betriebliche Ergebnis durch Steigerung auch nicht-ökonomischer Produktivkräfte:

  1. Vorteile der Fruchtfolgen durch Ertragssteigerung
  2. Vorteile durch Verteilung des Arbeits-Aufkommens
  3. positive Wechselwirkungen mit der Tierhaltung:
    - Futtererzeugung oder -verwertung
    - Wirtschaftsdünger-Produktion
    - früher war der Arbeitseinsatz der Tiere wichtig
  4. Risikostreuung

Ein Unterschied wäre zu machen zwischen positiv zu bewertenden mehrseitigen Betrieben und zumeist nicht rentabel wirtschaftenden vielseitigen Betrieben.


Vielleicht ist die Entscheidung für Spezialisierung oder Diversifizierung allein von der Art und Größe des Marktes abhängig:
Um als Konkurrent auf überregionalen Märkten agieren zu können, ist zunächst eine Spezialisierung sicher der beste Weg. Bei der Produktion zur Versorgung eines relativ abgeschlossenen lokalen Marktes oder zur Selbstversorgung ist hingegen eine maximale Diversifizierung wünschenswert.

Doch auch den internationalen Markt beherrschende Großunternehmen greifen zum Mittel der Diversifizierung, um den Bedürfnissen ihrer Kunden entgegen zu kommen.
Viele Handels-, aber auch Industriebetriebe könnten sich deshalb eine Spezialisierung gar nicht leisten.

Kleinere landwirtschaftliche Betriebe könnten mit einer räumlichen Spezialisierung durch besondere Vermarktungsmethoden genauso erfolgreich sein wie mit einer Produkt-Spezialisierung.



Es haben sich anscheinend völlig gegensätzliche Bewirtschaftungsphilosophien einer traditionellen, auf biologischen Rahmenbedingungen beruhenden Landwirtschaft und einer industriellen Landwirtschaft entwickelt [Heinrich/ Hergt 1992]. Hier stehen sich kleinräumig bis regional geschlossene Stoffkreisläufe und offene Wirtschaftskreisläufe mit einem unverhältnismäßig hohen Input von Fremdenergie und von Fremdstoffen gegenüber.


Die von der Industriegesellschaft gelieferte Technologie ist ein Fremdkörper innerhalb der natürlichen Produktivität des Agrarraumes.

Technische Steuerungsmaßnahmen sind ein Herauslösen von Einzelproblemen aus dem Wirkungszusammenhang zwecks direktester Zielerfüllung [Scharpf 1981].
Es kann zu einer Aufschaukelung kostenintensiver Steuereingriffe kommen, um gewünschte Produktionsergebnisse zu erzielen. Die technischen Steuerungsmaßnahmen der modernen Landwirtschaft sind zumeist extrem Fremdenergie-intensiv.

Daher ist die Frage nach dem Beweggrund technischer Methoden notwendig - Markt, Einkommen, Betriebsorganismus oder Produkt? Für jeden dieser Bereiche kann man die Relevanz der eingesetzten Mittel überprüfen.


Auch natürliche Ökosysteme stehen in den meisten Fällen in einem offenen Stoffaustausch. - Eher als das ihn umgebende Ökosystem kann ein landwirtschaftlicher Betriebskreislauf durch gezielte Maßnahmen geschlossen gehalten werden.

Erster Beweggrund hierfür wäre die erwünschte Autonomie/ Autarkie (in der Regel mit dem Ziel der Kosteneinsparung).

Zweiter Beweggrund wäre die gewünschte Qualität von Produktion/ Produkt (kein Input von Schadstoffen, von genmanipuliertem Saatgut, von Energie-aufwändigen Produktionsmitteln).

Doch können nur Teilbereiche des Betriebskreislaufes geschlossen gehalten werden; wichtige Komponenten wie Sonnenenergie und Regen, Bestäuber und Genressourcen, und sogar die Nachfrage des Kunden kommen von außen.




Quellenangaben


Helmut Scharpf: Landwirtschaft als Auslöser ökonomisch-ökologischer Konflikte (in: Landschaft + Stadt 1981, S.27)

Bernd Andreae: Allgemeine Agrargeographie; Taschenbuchausgabe. Berlin, 1985.

D. Heinrich/ M. Hergt: dtv-Atlas zur Ökologie; 2. Aufl.. München, 1992.

Alois Heißenhuber: Landwirtschaft in Deutschland (in: Heißenhuber/ Katzek/ Meusel/ Ring (Hg.): Landwirtschaft und Umwelt. Bonn, 1994.)

Rudolf Heitefuss: Pflanzenschutz. Grundlagen der praktischen Phytomedizin. 3. neubearb. u. erw. Aufl. Stuttgart, 2000.