Aufgrund der Ereignisse in Japan im März 2011 bin ich über die Stilllegung des Atomkraftwerks von Mühlheim-Kärlich vor gut 20 Jahren ausgesprochen glücklich - vor allem bei Betrachtung der gegenwärtigen Energie- und Umweltpolitik.
In ihren Wahlprogrammen stellten die beiden Rechts-der-Mitte-Parteien die Atomkraft als eine Brückentechnologie (eine weitere überflüssige Worthülse) dar, nur die Union lehnte den Neubau von Atomkraftwerken ausdrücklich ab.
Neu gewählt, wollten die Koalitionsparteien dann die Laufzeit der deutschen AKW verlängern, angeblich nur, um mit den dadurch erzielten Gewinnen die Erforschung regenerativer Energien bezahlen zu können. Aber man muss schon sehr viel Glauben besitzen, um so etwas für glaubwürdig zu halten.
Die Explosion des Atomreaktors von Tschernobyl liegt offenbar zu lange zurück, um noch eine abschreckende Wirkung zu haben, und es gab ja auch genug Stimmen, die behaupteten, das sei in Wirklichkeit alles gar nicht so schlimm gewesen ...
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Wenige Kilometer entfernt in
Mühlheim-Kärlich sollte Atomenergie mitten
in einem dicht besiedeltem Gebiet erzeugt werden. Das AKW
liegt in unmittelbarer Nähe von Urmitz und jeweils wenig mehr
als 2 km von den Ortszentren von Mühlheim-Kärlich,
Neuwied und Weißenturm entfernt, sowie etwa 5 km vom
Ortszentrum von Andernach und etwa 10 km vom Stadtgebiet von Koblenz
entfernt.
Dieses dicht besiedelte Gebiet mit rund 200000 Bewohnern wäre
im Fall der Havarie zu evakuieren gewesen.
Das gesamte Neuwieder Becken war in früherer Zeit ein geschätztes agrarisches Produktionsgebiet. Noch heute sieht man auf einigen von der Infrastruktur freigelassenen Parzellen Gemüse- und Obst-Kulturen, wenn diese auch einer starken Belastung durch Verkehr und Abfälle ausgesetzt sind (und sehr mitgenommen wirken).
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Vielleicht hatte die rheinland-pfälzische Politik
gehofft, sich mit Hilfe eines Atomkraftwerks eine Autoindustrie in die
gute Stube holen zu können, ein entsprechendes Walzwerk war
hier schon vor den Nazis ansässig.
Traditionell war die Gegend auch durch den Abbau von Baustoffen aus den
Sedimenten des Rheins und den Ablagerungen des Laacher See - Vulkans
verunstaltet worden.
Nur auf der Neuwieder Rheinseite befindet sich noch ein größeres Gebiet mit intakten Bodenflächen und einigen Freiflächen mit renaturierten Kiesgruben, das als das bedeutendste Trinkwasser-Reservoir des Mittelrheins gilt. Diese letzte Naturinsel der Beckenlandschaft an den Mündungen von Nette, Wied und Mosel wäre natürlich ebenfalls direkt durch den Kraftwerksbetrieb bedroht gewesen.
Die Lage eines Atomkraftwerkes inmitten ökologisch sensibler Gewässer wird allerdings als notwendig erachtet, weil dieselben zur Beschaffung von Kühlwasser genutzt werden.
Sein Bau auf einem geologischen und tektonischen Risikostandort sollte dagegen ausgeschlossen werden.
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Das Rheinische Schiefergebirge am Unteren Mittelrhein ist ein tektonisch ziemlich aktives Gebiet. Die Explosion des Laacher See - Vulkans vor 10000 Jahren steckt der Landschaft noch heute in den Knochen. Bei Plaidt und Saffig ereigneten sich mehrere kleinere Beben.
Das Rheinland wird ziemlich regelmäßig von Erdstößen heimgesucht, innerhalb der letzten 10 Jahre habe ich mindestens drei Erdbeben > 4 erlebt, die besonders dann deutlich spürbar werden, wenn man sie in den oberen Etagen von Häusern erlebt, die ins Trudeln geraten und mit der Zeit deutliche Risse in Putz und Gemäuer bilden.
Das 'Erdbeben von Roermont' im südlichsten Zipfel Hollands vom 13.4.1992 erreichte einen Wert von 5,9. Ich selbst habe schon ein Erdbeben mit nur 5,1 auf der Richterskala (St. Nicolas bei Lüttich am 08.11.1983) noch in 100 km Entfernung als äußerst unangenehmen Albtraum in einem Wohnheim für Landarbeiter erlebt: der Teufel rüttelte an meinen Bettpfosten !!!
Nicht nur ist der Standort des AKW Mülheim-Kärlich in einem dicht besiedelten tektonischen Risikogebiet ziemlich schlecht gewählt, der Anlagen-Komplex wurde auch noch genau auf einer geologischen Bruchzone platziert. Beachten Sie die folgende Abbildung aus der inzwischen eingestellten Zeitschrift 'DIE WOCHE' (Artikel von G. Rosenkranz am 8.7.1993):
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Am 9.9.1988 wurde dieses Kernkraftwerk nach nur 13 Monaten Betriebszeit durch Gerichtsbeschluss nicht wegen grundsätzlicher Erwägungen, sondern wegen der Mängel beim Zulassungsverfahren stillgelegt. Die Genehmigung des 7 Milliarden - Projektes vom Typ des Unglücksreaktors in Harrisburg war 1975 unter dem Landesherren H. Kohl erfolgt.
Dazu war die Anlage zwar um 70 m an den Rand der erwähnten Bruchzone verschoben worden, aber es war keine neue Sicherheitsprüfung vorgenommen worden.
Allein das Erdbeben von Roermond hätte die Risiko-Einschätzung zu einem neuen Ergebnis führen müssen. Doch arbeitet die Betreiber-Lobby erfolgreich darauf hin, dass eine einmal gewährte Genehmigung niemals mehr rückgängig gemacht werden kann, es sei denn gegen bares Geld!
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Verglichen mit der Frequenz und Amplitude japanischer Erdbeben
sind die Vorkommnisse am Rhein nur ein Klacks.
Wegen der besonders hohen Erdbeben-Risiken am Rande einer
Kontinental-Platte dürften in Japan eigentlich
überhaupt keine Kernkraftwerke gebaut werden; dennoch bezieht
diese führende Industrie-Nation etwa ein Sechstel ihrer
Energie aus Nuklearanlagen.
Das erste japanische Atomkraftwerk wurde schon Ende 1965 in Betrieb genommen, gut ein Jahrzehnt nach dem Abzug der amerikanischen Truppen.
Doch selbst das stärkste je in Japan verzeichnete Erdbeben am 11.3.2011, das den Wert 9,0 auf der Richterskala erreichte (1960 wurde in Chile sogar ein Beben der Stärke 9,5 registriert), hat in der japanischen AKW-Landschaft nicht den ganz großen Knall verursacht - auf jeden Fall schalteten sich alle Atomanlagen ordnungsgemäß ab ...
Damit ist es jedoch keinesfalls getan, denn die nuklearen Brennstäbe bleiben weiterhin sehr heiß und müssen gekühlt werden, um nicht in eine unkontrollierbare Kettenreaktion überzugehen. Die Kühlungskreisläufe müssen also auch nach Abschaltung betrieben werden, sind aber offenbar ebenso anfällig wie der Volllastbetrieb.
In einem Katastrophenfall sind Atomkraftwerke abhängig von Fremdenergie - und ein Erdbeben oder ein Tsunami sind relativ harmlos verglichen mit einem Meteoriteneinschlag oder gezielten kriegerischen Handlungen ...
Die Havarie von Fukushima war auf die folgenden Schwachpunkte
im Sicherheitskonzept zurückzuführen:
- Die vorgesehenen Notfall-Kühlungskreisläufe fielen
zuerst infolge von Erdstößen aus, dann ein zweites
Mal durch die Einwirkung einer Tsunami-Welle, deren Gewalt vielleicht
nicht vorausgesehen worden war.
- Ihre Energie aus Batteriebetrieb hätte ohnehin nicht lange
vorgehalten - auf Grund des allgemeinen Notstandes fielen daher auch
die anderen Notfall-Kühlsysteme der japanischen Kernkraftwerke
reihenweise aus.
Man muss bezweifeln, dass die gewonnene Atomenergie die zahllosen Strahlenopfer, die sie schon jetzt gefordert hat, wert war.
Copyright © St. Th. Hahn, am 14.3.2011; Korrektur und Ergänzung am
2.5.2011.; Code-Korrektur am 25.6.2011
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