Katastrophale Stark- und Dauerregen am 13. - 15. Juli 2021 (Fortstzg.)




Einführung
- Regenmengen
- Einfluss von Boden und Relief
- Die linksrheinischen Gewässer
Betroffene Regionen
- Katastrophenregion Sauerland
- Zülpicher Börde
-- Die kleine Steinbach-Talsperre wird zur Gefahr
-- Zerstörungen in Erftstadt
- Die Region um Aachen
- Wallonien und Limburg
Betroffene Regionen in Rheinland-Pfalz
- Katastrophengebiet Ahrtal
-- Pegelrekorde
-- Das Katastrophengebiet
--- Bad Neuenahr - Ahrweiler
--- Sinzig an der Ahr-Mündung
- Lokale Gewässer der Rheineifel
- Kyll und Prüm in der Westeifel
Angreifbare, zerstörte und zerstörerische Infrastruktur
- Gestörter Autoverkehr
- Die Infrastruktur im Ahrtal
Wertung der Ereignisse
- Agrar- und Umweltschäden
- Unzulängliches Katastrophenmanagement
Quellen und Links
- News
- Medien
- Institutionen




Angreifbare, zerstörte und zerstörerische Infrastruktur


Ein mehrtägiger Starkregen und die anschließenden Überschwemmungen haben ganze Landstriche Deutschlands in Trümmerhaufen verwandelt.
Unzählige Wohnungen und Häuser oder zumindest ihre Inneneinrichtungen wurden zerstört.
Schuttmassen und Autowracks verstopften die Straßen und konnten nur mit schwerem Gerät, teilweise mit Räumkommandos der Bundeswehr entfernt werden.

Die parallelen Überflutungen in China zeigten, dass gerade in die Erde verlegte Infrastrukturen, seien es Kartoffelkeller, Tiefgaragen oder U-Bahn-Schächte, durch die vom Klimawandel hervorgerufenen Starkregen extrem gefährdet sind. Die Ereignisse in Westdeutschland verdeutlichten hingegen besonders die reliefbedingte Gewalt von Überflutungen.


'Stern online' berichtet am 23.07.2021, allein der Bahn sei ein Schaden von rund 1,3 Mrd. Euro entstanden. Angeblich waren 600 km Schiene zerstört, außerdem über 50 Brücken.
Das bedeutete in der realen Wirklichkeit vor allem, dass buchstäblich das gesamte Schienennetz der Eifel vernichtet worden war.
Zeitweise waren auch die relativ Überschwemmungs-fernen Schienen-Knotenpunkte Bonn und Remagen außer Betrieb.

Damit erwies sich, dass der Schienenverkehr wegen seiner Immobilität (und seiner Elektronik) eigentlich für Risikostandorte wenig geeignet ist; dabei waren die Zugverbindungen der Eifel noch gar nicht elektrifiziert.
Viele Eisenbahn-Trassen, -Dämme und -Tunnel wurden hier aber schon in der Frühzeit der Technologie für die Ewigkeit gebaut.


Gegenüber dem Wasser erweist sich besonders die Stromversorgung der Bevölkerung als anfällig. Durch Wasserschäden bzw. den Ausfall vieler Umspannwerke (wie in Rheinbach) waren 200000 Menschen vorübergehend ohne Strom [Wikipedia, 2. August 2021].


Neben jeglicher Infrastruktur zeigte sich aber selbst die Dauerstruktur der Immobilie gegenüber Wasser als angreifbar. Wassermassen, die von einer Seite in ein Gebäude eindrangen, sind beispielsweise in der Lage, seine Rückseite einzudrücken.


Letzte Konsequenz des Klimawandels könnte sein, alles zu evakuieren und nichts mehr zu besiedeln und zu bebauen, was sich in Reichweite von Gewässern befindet.

Schon in den Mittelgebirgen wäre zu verlangen, "unten an den Bächen, dort darf es keine Siedlungen mehr geben. Das Wasser ist mit baulichen Maßnahmen nicht aufzuhalten, es wird nicht funktionieren." [Björn Goldhausen interviewt von Anke Mersmann in: Rhein-Zeitung 17. Juli 2021]

Als Gegenargument muss hier aber der Großraum Köln angeführt werden, der, obwohl er die größten Regenmengen erhielt, keine größeren Schäden davontrug!

Das könnte man auf eine langwährende technologische Umformung der Landschaft zurückführen! Weitere günstige Faktoren sind aber auch der sehr große "Vorfluter" Rhein und vielleicht auch die Grüngürtel der Stadt Köln und des Bergischen Landes.


Talsperren

Oftmals wurden Talsperren auch wegen ihrer Hochwasserschutz-Funktion gepriesen.

Auf Grund der Vorwarnung des Deutschen Wetterdienstes ließ der Wupperverband "bereits ab dem 12.07.21" Wasser aus seinen Talsperren ab [DWD, am 21.07.2021].

Anderen Betreibern von Talsperren wird hingegen vorgeworfen, diese zu voll laufen gelassen zu haben.
Der Überlauf habe die Flutwellen dann noch verstärkt - von den Risiken des Dammbruchs in mehreren Fällen ganz zu schweigen!


Auch in Belgien wird beklagt, dass große Schäden und auch Todesfälle vermieden hätten werden können, wenn die 'Barrage d'Eupen' frühzeitig abgelassen worden wäre [belgische Wikipedia, 24. Juli 2021].

Sie war bei einem Fassungsvermögen von 25 Mio. m³ Wasser nur halbvoll, habe aber innerhalb von 48 h bis Mittwoch, den 14. Juli durch Aufnahme von 13,4 Mio. m³ ihr Maximalvolumen erreicht, sodass in der folgenden Nacht sehr große Mengen Wasser (bis zu 150 m³/sec) abgelassen werden mussten.
Die verantwortlichen Stellen machen geltend, dass es auch bei einem präventiven Ablass (von 30 - 40 m³/sec) zu Überschwemmungen gekommen wäre.
[belgische Wikipedia, 24. Juli 2021]



Gestörter Autoverkehr

Ein Aspekt des ausufernden Autoverkehrs ist der Hang, in weiter zunehmendem Maße auch in eigenen fahrbaren Untersätzen zu campieren.

Unzählige Campingplätze, Wohnwagen, Wohnmobile wurden an Ahr, Kyll und im Bergischen und Sauerland davongespült.

Makabrerweise wurden in der Nach-Katastrophenzeit dennoch ständig Fernsehsendungen über den Kauf großer Wohnmobile und die angeblichen Freuden und technischen Möglichkeiten des Campens lanciert.


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Die Bundesstraße 265 in Erftstadt, am 24.7.2021. © Creative Commons - Lizenz (CC-BY-SA-4.0) , Bildautor Achim Raschka .


Nach offizieller Einschätzung wurde im Juli mit einem Schaden von 2 Mrd. € an der Verkehrsinfrastruktur gerechnet [CEDIM, am 21. Juli 2021].


Noch verhängnisvoller nach der Katastrophe war aber der Verlust der Verbindungsstrukturen und der Zugänglichkeit zu den Wohnorten besonders im Ahrtal.
Die die Eifelorte verbindenden kleinen Brücken am Oberlauf der Ahr waren davongespült worden, die Straßen unpassierbar [Beate Au/ Jan Lindner in: Rhein-Zeitung 15. Juli 2021].
Auch Ahrbrück oberhalb von Altenahr blieb noch tagelang unzugänglich [NEWS am 19. Juli 2021].

Selbst in der Zülpicher Börde wurden viele kleine Straßen durch zerstörte Brücken und Wasserschäden unpassierbar [Hochwasser-Blog Rhein-Sieg Rundschau, Freitag, 16. Juli].


Autobahnen

Autobahnen mussten wegen Überflutung und Unterspülung gesperrt werden, und das wohl auch längerfristig. Es handelte sich um die A1 und die A61, die bei Erftstadt-Blessem von der A1 nach Norden abzweigt. [NEWS am 19. Juli 2021]

Die A1 wurde wohl rechtsrheinisch vorübergehend "zwischen Kreuz Leverkusen und Burscheid" gesperrt [CEDIM, am 21. Juli 2021].


Die Autobahn A61 wurde besonders schwer beschädigt zwischen den Abfahrten Gymnich und Swisttal, immerhin einer Strecke von rund 20 km. Ihre Sperrung erfolgte aber auf einer viel längeren Strecke zwischen den Autobahnkreuzen Kerpen und Meckenheim. [Blick aktuell Nr.30/2021]

Auch das 'Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology' berichtet, dass dieses Teilstück mit einer Länge von 90 km "in beiden Richtungen gesperrt" war: ".. teilweise ist dort keine Fahrbahn mehr vorhanden." [CEDIM, am 10. August 2021]


Die B 265 in Erftstadt

Ein besonders spektakuläres Ereignis war auch die plötzliche Überflutung der Bundesstraße 265 in Erftstadt-Liblar am Donnerstagmorgen (15.7.2021), wobei die Insassen von 95 PKW und LKW in Lebensgefahr gerieten [Matthias Heinekamp in: Kölner Stadtanzeiger, 18.07.2021].

Grund dafür war der Liblarer Mühlengraben, der ebensosehr von Regenwasser überquoll wie die übrigen Gewässer, und, dass die Bundesstraße einen Gelände-Einschnitt durchläuft, der hier von verschiedenen Brücken und vor allem von dem als Aquaedukt ausgebauten Mühlengraben überquert wird. In diese Senke ergoß sich das überschüssige Wasser des Mühlengrabens aus dem Aquaedukt von oben über die B 265.
In kurzer Zeit habe sich die gesamte Senke mit Wasser aufgefüllt und die Autofahrer eingeschlossen, die zum Teil mit Booten gerettet werden mussten. [Matthias Heinekamp in: Kölner Stadtanzeiger, 18.07.2021]


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B 265, am 24.7.2021. Im Hintergrund das verhängnisvolle Aquädukt des Mühlengrabens. © Creative Commons - Lizenz (CC-BY-SA-4.0) , Bildautor Achim Raschka .



Die Infrastruktur im Ahrtal

In Rheinland-Pfalz ist eine ganze Region komplett ihrer Infrastruktur beraubt worden. Nordeifel und Ahrtal wurden praktisch unzugänglich und unbewohnbar.

Großflächig wurden im Ahrtal Bahngleise, Brücken und Straßen zerstört, außerdem die Wasser-, Strom- und Kabelnetz-Infrastruktur [NEWS am 16. Juli 2021].


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Das Ahrtal bei Mayschoss, wie es einmal war. © STH, im Juni 2002.


"Mehr als 500 Gebäude wurden von den Fluten weggerissen, weitere 3.000 sind zum Teil schwer beschädigt." [DW online, 08.09.2021]

In den Ortschaften des Ahrtales war das Überschwemmungswasser häufig bis in den zweiten Stock vorgedrungen.

Durch zerstörte Wohnungseinrichtungen (und elektrischer Geräte) sei allein 240000 t zerstörter Hausrat (kein Bauschutt) angefallen: "Das ist das 30-fache des Mülls, der im Ahrtal normalerweise in einem Jahr anfällt." [DW online, 08.09.2021]


Erste Schätzungen bei den Wohngebäuden summierten sich auf einen versicherten Schaden von mehr als 10 Mrd. €, jedoch einem tatsächlichen Schaden von 25 Mrd. €, denn nur 37 - 47 % von ihnen hatten eine Elementarschadensversicherung [CEDIM, am 21. Juli 2021].

In Sinzig sollen für die vorübergehend obdachlosen Bürger (ca. 90 Personen) mit Hilfe von Spenden 42 Tiny-Häuser errichtet werden [Bad Breisiger - Sinziger Nachrichten, 07.10.2021].
Andere Wohltäter spendeten Holzöfen und Brennholz ...


Das Beispiel von Sinzig zeigt, welche Kosten dabei auch auf die Gemeinden zukommen: Die Sanierung der gefluteten Realschule erfordere 15 Mio., die der öffentlichen Anlagen (Parkwege, Sporteinrichtungen etc.) 16 Mio. [Bad Breisiger - Sinziger Nachrichten, 07.10.2021].

Die Sanierung der Straßeninfrastruktur und der Gewässerausbau, die wohl vom Bund übernommen werden, kommen noch hinzu.


In Rheinland-Pfalz wurden unzählige Brücken unpassierbar, ob es sich wie in Bad Neuenahr-Ahrweiler um fast alle Straßenbrücken einer größeren städtischen Gemeinde handelte oder auf dem Lande um Fußgängerbrücken als einzige Verbindung zur Außenwelt.

Im Landkreis Ahrweiler sollen "62 Brücken zerstört und weitere 13 schwer beschädigt" worden sein [Wikipedia, 2. August 2021].
Im Ahrtal sollen "nur 35 der 112 Brücken" den Überflutungen standgehalten haben [DW online, 08.09.2021].


Der kleine Ort Rech, eng von steilen Hängen umgeben, war von der Außenwelt abgeschnitten, weil von der historischen Nepomukbrücke ein Brückenbogen fortgerissen wurde [Christian Koniecki in: Rhein-Zeitung 21. Juli 2021].
"Das historische Ahrhochwasser von 1910 hatte sie noch als eine von zwei Brücken im Ahrtal überstanden, das Hochwasser 2021 nicht." Im alten Ortszentrum gebe es "nicht einmal mehr Straßen und Häuser". [Christian Koniecki in: Rhein-Zeitung 21. Juli 2021]


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Die historische Brücke in Rech, am 26.3.2017, © STH.


Die Bahnstrecken der Eifel sind bleibend gesperrt und müssen teilweise ganz neu gebaut werden.
Die Strecke der Ahrtalbahn war nach dem Hochwasser zu großen Teilen völlig zerstört [Stock/ Kosmetschke u.v.a. in: Rhein-Zeitung 16. Juli 2021].
Laut Deutschem Wetterdienst wurden im Ahrtal sämtliche Bahnbrücken vom Wasser zerstört [DWD, am 21.07.2021].


"Für die 1600 bei der Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer angemeldeten Betriebe im Ahrtal entstand ein geschätzter Sachschaden von 560 Millionen Euro durch die Katastrophe." [Wikipedia, 2. August 2021; nach einer SPIEGEL-Meldung]


Vom Zeitpunkt der Katastrophe am 14. Juli an, dem Mittwochnachmittag, gab es "im gesamten Ahrtal keinen Handy- und Telefonempfang mehr .., keinen Strom, kein fließendes Wasser" [Beate Au/ Jan Lindner in: Rhein-Zeitung 15. Juli 2021].

Die Gasversorgung Bad Neuenahr-Ahrweilers und einiger Ortsteile von Grafschaft war im Juli unterbrochen worden. Ursache war eine beschädigte "hängende Gasleitung im Bereich der Ahr", es blieb deshalb "keine andere Wahl, als die Gasversorgung im gesamten Gebiet vom Netz zu nehmen" [Energienetze Mittelrhein (enm)]. Manche Gasleitungen müssen komplett neu gelegt werden.

Mitte Oktober hatte man es geschafft, Bad Neuenahr mit einer mobilen Gasversorgung zur Wärmelieferung auszustatten. Aber in Bad Münstereifel blieben viele Haushalte noch immer ohne Gasversorgung [NEWS am 14. Oktober 2021].


Neben der stationären oder immobilen Energie-Infrastruktur kann aber auch mobile Energie zur Gefahr werden: Im Internet kursiert ein Video aus der Innenstadt von Altenahr, wo aus der Leitung gerissene Gastanks in den Fluten herumtrudeln, indem sie ihren Inhalt versprühen. Und havarierende Ölheizungsanlagen und Kraftfahrzeuge sind schon Begleiterscheinungen kleinerer Überschwemmungen.


Die in Ortschaften und Wohnungen gespülten Schlämme sind wahrscheinlich häufig durch Heizöl, Kraftstoffe, Abfall und Fäkalien kontaminiert.

Im Ahrtal sollen "mehr als 50 Saug- und Spülfahrzeuge im Einsatz" gewesen sein. Die getrockneten Schlämme müssen auf Rückstände analysiert werden, um als Baumaterial wiederverwendet werden zu können.
1,7 Mio. Liter Heizöl seien zurückgewonnen worden. [Bad Breisiger - Sinziger Nachrichten, 23.09.2021]



Die 4 Kläranlagen im Ahrtal wurden funktionsunfähig, ihre Abwässer damit ungeklärt abgeleitet - wenn sie überhaupt bis in die Kläranlagen gelangen konnten, denn natürlich sind auch viele Zubringerleitungen ('Sammler') in den Siedlungen weggespült oder zerstört worden. [Lukas Kissel in: FAZ, am 11.08.2021].

Die weitab vom Dorf gelegene Kläranlage von Dümpelfeld wurde durch einen Damm vor der schlimmsten Zerstörung bewahrt. Dennoch wurde das Klärbecken mit Treibgut angefüllt, die elektrischen Anlagen fielen aus. Die Brückenzufahrt war unterbrochen, diese Anlage konnte dennoch nach 3 Wochen wieder instand gesetzt werden.

Die Kläranlagen in Altenahr und die in Mayschoß seien dagegen völlig zerstört worden. [Lukas Kissel in: FAZ, am 11.08.2021]

Mayschoß konnte mit einer mobilen Kläranlage ausgestattet werden [SWR-GoogleMap].


Auch die Kläranlage in Sinzig an der Ahrmündung war nicht mehr betriebsfähig und entließ ungeklärtes Wasser in die Umwelt. Natürlich war auch hier die gesamte Elektronische Anlage infolge der Überflutung ausgefallen. [NEWS am 21. + 22. Juli 2021]


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Die Ahr bei Sinzig, am 4.8.2021. © STH.


Mehr als die Hälfte des von der Bundesrepublik aufgelegten Fluthilfefonds von 30 Mrd. EU wird nach Rheinland-Pfalz und vor allem ins Ahrtal gehen. Visionäre Technologien sollen die Ahr zu einer Vorzeigeregion machen. [DW online, 08.09.2021]
Besonders gefragt werden sicher neue Bauformen sein, die hochwassersichere obere Stockwerke bieten.

Als nicht allzu neues Konzept wird vorgeschlagen, die Versorgungsstrukturen "für Wasser, Abwasser, Strom, Internet und Telekommunikation" (und wohl auch die Entsorgungsstrukturen) in hochwassersichere Bauteile zu verlegen. [DW online, 08.09.2021]



Inhaltsverzeichnis




Wertung der Ereignisse


Trotz der gebetsmühlenhaften Beschwörung der wohlgeordneten Verwaltungsstrukturen und stabilen Börsen hat sich das bundesdeutsche technokratische Gesellschaftsmodell, das man in alle Himmelsrichtungen zu exportieren bemüht war, als ebenso ineffektiv und risikobehaftet herausgestellt wie das eines Entwicklungslandes.


Ursache für diesen Vorgeschmack künftiger Katastrophen ist die 70-jährige Technologie-Politik dieser Gesellschaft und Folge wird mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine noch unvernünftigere Technologie-Politik einer noch unvernünftigeren Gesellschaft sein. Die Technokratien des In- und Auslandes werden das ihre dazu beitragen.


Nun hat die Natur einmal zurückgeschlagen und die deutsche Infrastruktur ihres Ziels beraubt. Weder können die Pendler der Eifel und Erftniederung zu ihrer Arbeitsstelle in den Technologiezentren gelangen, noch können die Nutzer der Technologiezentren zu ihren Einfamilienhäusern oder zu ihrer Erholung in die Eifel oder Erftniederung gelangen.


In Deutschland outete sich das administrative System mit finaler Deutlichkeit als pure Einbildung.

Der Innenminister Seehofer erklärte erst einige Tage zu spät das Katastrophenwarnsystem: dafür sei der Deutsche Wetterdienst zuständig, der seine Informationen an die Länder weitergebe [NEWS am 19. Juli 2021].

Am 26. Juli verteidigte der Innenminister vehement das föderalistische System der Republik auch im Katastrophenmanagement gegen ein solches auf Bundesebene [NEWS am 26. Juli 2021].


Für die mangelhafte Information der Bevölkerung waren tatsächlich möglicherweise weniger die staatlichen Institutionen verantwortlich als die Strukturen des Internet, die nur noch zum Vertrieb allerfragwürdigster Produkte und Konzepte, nicht mehr zur Informationsvermittlung eingesetzt werden können.
Völlig unbegreiflich, dass trotzdem viele Leute immer noch glauben, dass jedes Problem mit dem Smartphone zu lösen sei!


Mangelhafte Informationen bestanden aber offensichtlich auch über alles, was mit meteorologischen und klimatischen Vorgängen zu tun hat.

Angesichts des veränderten, immer unberechenbarer werdenden Klimas wäre meine dringende Empfehlung, einen qualitativ stark aufgewerteten Wetter- bzw. Klimabericht nicht mehr als belanglosen Rausschmeißer an den Schluss schlecht gemachter Nachrichten-Manipulationen zu setzen, sondern als Aufmacher an den Anfang jeder Informationssendung zu stellen.


Um auch diese offenkundige und einschneidende Katastrophe in einen Kessel von Beliebigkeit verschwinden zu lassen, sollen gewisse politische Gruppierungen ("Querdenker" um Bodo Schiffmann) unter Bezugnahme auf die Katastrophe beträchtliche Mengen an Spenden eingesammelt und politisch zweckentfremdet haben.
Andere rechte Aktivisten sollen mit "polizeiähnlichen" Lautsprecherwagen durch die Katastrophengebiete gefahren sein, um die Bevölkerung zu beunruhigen. [Wikipedia, 2. August 2021]



Agrar- und Umweltschäden

Derartige Regenmassen können in hängigem Gelände einen enormen erosiven Bodenabtrag verursachen, besonders auf offenen Ackerböden.
Offener Boden beispielsweise in Reihenkulturen wird schon bei minimalem Gefälle in enormen Mengen erodiert.

Im Baumschulgebiet von Königswinter-Uthweiler sorgen Unwetter immer wieder dafür, dass sich von abschüssigen Anbauflächen große Schlammmassen auf Durchgangsstraßen oder auch in Wohnungen ergießen [Hochwasser-Blog Rhein-Sieg Rundschau, Mittwoch, 14. Juli].


Agrarier beklagen sich aber auch darüber, dass die übergroße Nässe eines solchen Sommers die Produktion überhaupt unmöglich macht. Wenn die Kulturen nicht durch Wasserstau vernichtet wurden, dann war es die Fäulnis, die die Existenzgrundlagen belgischer Gemüsebauern oder die Hopfenkulturen bei Bitburg zerstörte.


Das Grünland des Münsterlandes, die Ackerflächen des Niederrheins nördlich von Düsseldorf, der Börden zwischen Köln und Aachen und der niederländischen Provinz Limburg wurden großflächig unter Wasser gesetzt, wie Radar- und Bilddaten des europäischen Copernicus Sentinel 1 - Satelliten dokumetieren [ESA-map].


Speziell in Überflutungsauen ist bei einer landwirtschaftlichen Nutzung in der heutigen Zeit zu bedenken, dass nach einer Überschwemmung Anbauprodukte möglicherweise längere Zeit mit allen möglichen und unmöglichen Stoffen kontaminiert sind.



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Die Ahraue vor 20 Jahren. © STH, im Juni 2002.


Ursprünglich bildeten Fließgewässer keinen Risikofaktor, sondern waren selbst ein wichtiger Teil der Infrastruktur - zur Wasserversorgung, landwirtschaftlichen Bewässerung und als Energiequelle!

Nun mussten auch Altenahr und Bad Neuenahr-Ahrweiler aus Wasserwagen ihres Wasserverbandes versorgt werden.


Die Ahr hat bei dieser Flutwelle ihr ursprüngliches Bett über weite Strecken auf seine doppelte oder mehrfache Breite ausgespült und dabei Uferbefestigungen und Verkehrswege zerstört.
An den Ufern der Ahr wurden aber auch praktisch alle Ufergewächse - hohe Bäume inbegriffen - fortgespült.


Hauseigentümer, die durch die Überflutungen geschädigt wurden, oder gar nach den aktualisierten Bebauungsplänen auf einer Fläche wohnen, die nicht mehr genutzt werden sollte oder darf, suchen möglicherweise nach einer Möglichkeit, ihr Grundstück zu verkaufen.

Der Landkreis Ahrweiler hat daher beschlossen, solche Flächen aufzukaufen [Pressemitteilung Kreis Ahrweiler 17.09.2021].

Zu diesem Zweck soll das Fördergebiet "Naturschutzgroßprojekt Obere Ahr - Hocheifel" flussabwärts bis hin zur Ahrmündung erweitert werden und die Ahraue naturnah und hochwassergerecht umgestaltet werden.
Die Kosten des Grundstückserwerbs können dann zu 90 % aus "bereits zugesagten Bundes- und Landesmitteln finanziert werden" [Pressemitteilung Kreis Ahrweiler 17.09.2021].


Der Verlust einer der bedeutendsten Natur- und Erholungslandschaften Deutschlands auf Jahre ist natürlich überwiegend dem Verlust öffentlich zugänglicher Infrastruktur im Ahrtal zuzuschreiben, obwohl rüstige Wanderer dort auch jetzt noch zurechtkommen können.

Offenbar wurden auch die meisten Winzerkeller von der Flut erreicht, so dass die verschmutzten Lagerbestände kaum verkäuflich sein werden. Vor der von dem getrockneten Schlamm ausgehenden gesundheitlichen Gefährdung wurde gewarnt.

Weitere Probleme ergeben sich daraus, dass die Kapazitäten für Ernte und Verarbeitung der reifenden Trauben fehlten.

Laut 'Deutschem Hotel- und Gaststättenverband' wird in jenem "schwer getroffenen Landkreis Ahrweiler innerhalb der nächsten zwölf Monate" wohl kein Gastbetrieb mehr möglich sein [Wikipedia, 2. August 2021].



Unzulängliches Katastrophenmanagement

Die Bestandsaufnahme der Katastrophengebiete in Rheinland-Pfalz eine Woche danach kam auf 122 Tote und 155 Menschen, die noch vermisst wurden.
Die Hochwasser-Webseite der Landesregierung Rheinland-Pfalz zur 'Aktuellen Lage' am Ende des Monats gab als Bilanz der Katastrophe in Rheinland-Pfalz 135 Tote und 765 Verletzte an.

Allein in Bad Neuenahr-Ahrweiler soll die Flutkatastrophe 73 Totesopfer gefordert haben [SWR-GoogleMap].


Im Ahrtal soll ein Drittel der Bewohner - etwa 40000 Menschen - direkt vom Hochwasser betroffen gewesen sein [DW online, 08.09.2021].


Abschließend wurden 49 Todesopfer für NRW angegeben [NEWS am 14. Oktober 2021]. Darunter die 9 Todesopfer "aus dem Bereich des Rhein-Sieg-Kreises" [Hochwasser-Blog Rhein-Sieg Rundschau, Montag, 19. Juli].


Die Warnungen des 'Europäischen Hochwasserwarnsystems' ('European Flood Awareness System - EFAS' ) vor einem extremem Hochwasser wurden nach Hannah Cloke, Reading in Deutschland missachtet; in diesem Fall seien die nationalen Behörden nämlich zur Evakuierung verpflichtet gewesen [Wikipedia, 2. August 2021].

Diese Aussage steht in Opposition zu Seehofers politischer Auffassung einer ausschließlich regionalen Verantwortlichkeit.

Für die versäumte rechtzeitige Warnung und Evakuierung der Bevölkerung des Kreises Ahrweiler wurde insbesondere der Landrat Jürgen Pföhler (CDU) verantwortlich gemacht.

Der Landkreis sei mehrfach vom rheinlandpfälzischen Landesamt für Umwelt vor Hochwasser gewarnt worden, der Landrat habe aber erst nach 23 Uhr den Katastrophenfall ausgerufen, als die Wassermassen bereits den Ort erreicht hätten [Wikipedia, 2. August 2021].


Der Bürgermeister von Mayschoß sei hingegen zu fest von den vor wenigen Jahren getroffenen Schutzvorkehrungen seiner Gemeinde überzeugt gewesen [Wikipedia, 2. August 2021].

Immerhin ist der Kreis Ahrweiler eine Hochburg der Feuerwehren des Landes, weil sich dort eine Akademie für Katastrophenschutz befindet ...


Bereits am 16. Juli 2021 waren mehr als 2000 Einsatzkräfte des 'Technischen Hilfswerkes (THW)' im Einsatz, am Ende des Monats sogar 4000.

Der 'militärische Katastrophenalarm' wurde von der Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer jedoch auch erst am 16. Juli 2021 ausgerufen. Es wurden fast 900 soldatische Kräfte mit ihrem schweren Gerät eingesetzt. [Wikipedia, 2. August 2021]



Auf Grund der Topografie von Ahr und Kyll und der überlieferten Ahrhochwässer wäre ein solches Hochwasserereignis vorhersehbar gewesen.

Das Risiko seines Auftretens wurde aber in den Landschafts- und Bebauungsplänen missachtet. - In den neuen Plänen scheint nichts besser gemacht zu werden.

Bei der Vorstellung neu ausgelegter Überschwemmungsgebiete durch die 'Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord' in Grafschaft-Ringen wurde bekannt gegeben, dass relativ wenige zerstörte Gebäude in Bereichen liegen, die nach der aktuellen Festsetzung gänzlich von der Bebauung ausgeschlossen sind [Bad Breisiger - Sinziger Nachrichten, 07.10.2021].

Das erscheint angesichts der ausgedehnten Siedlungsflächen, die beispielsweise auch in Sinzig überschwemmt wurden, völlig unverständlich, wenn auch ein Unterschied gemacht werden muss zwischen Anstau- und Strömungsschäden.
Offensichtlich wird geglaubt, das Klima werde sich schon wieder normalisieren.

Es besteht aber die berechtigte "Sorge, dass sich die Flutkatastrophe wiederholen könnte und wiederhergestellte Flächen und Aufbauten erneut zerstört würden" [Pressemitteilung Kreis Ahrweiler 17.09.2021]. Das könnte sogar innerhalb kürzester Frist geschehen.


Die mehreren Dutzend Karten zu den neuen Festsetzungen kann man auf einer Webseite der SGD einsehen.




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