Katastrophale Stark- und Dauerregen am 13. - 15. Juli 2021 (Fortstzg.)



Betroffene Regionen



Einführung
- Regenmengen
- Einfluss von Boden und Relief
- Die linksrheinischen Gewässer
Betroffene Regionen
- Katastrophenregion Sauerland
- Zülpicher Börde
-- Die kleine Steinbach-Talsperre wird zur Gefahr
-- Zerstörungen in Erftstadt
- Die Region um Aachen
- Wallonien und Limburg
- Rheinland-Pfalz
-- Katastrophengebiet Ahrtal
-- Lokale Gewässer der Rheineifel
-- Kyll und Prüm in der Westeifel
Angreifbare, zerstörte und zerstörerische Infrastruktur
Wertung der Ereignisse
Quellen und Links




Katastrophenregion Sauerland

Die Täler des Sauerlandes können auf eine lange Industrialisierungsgeschichte auf Grundlage der Wasserkraft zurückblicken; sie sind daher nicht nur dicht besiedelt, sondern auch von vielen Bahnstrecken durchzogen.
Daher waren durch die Überschwemmungen der Flüsse tendenziell eher Gewerbegebiete in den Taleinschnitten betroffen, weniger die Wohngebiete an den Hängen.

Außerdem waren die verheerenden Hochwässer der Lenne in Altena, der Volme in Hagen und der Wupper schon einen Tag später, am 15. Juli, wieder zurückgegangen.

Doch ging Gefahr von den Talsperren aus, Wupper- und Bever-Talsperre drohten überzulaufen. In Hückeswagen südlich von Wuppertal wurden 1500 Menschen per Boot evakuiert, denn der Damm der Bever-Talsperre stand kurz vor dem Bruch.


Die über die Ufer getretenen Flüsse hinterließen Städte voller Trümmer und Autowracks.

In Hagen war besonders der Stadtteil Hohenlimburg betroffen. In Wuppertal waren besonders sie östlichen Stadtteile wie Barmen betroffen.


Viele Brücken und Straßen wurden beschädigt.
Altena westlich von Hagen (nicht zu verwechseln mit dem Hamburger Stadtteil Altona) war vorübergehend von der Außenwelt abgeschnitten.
Viele Bahnstrecken und der Hagener Hauptbahnhof mussten gesperrt werden.



Zülpicher Börde

Am Tag der stärksten Niederschläge wurden in Euskirchen und Rheinbach 8 Tote gemeldet. Funknetz und Notruf waren außer Betrieb. [NEWS am 14. Juli 2021]



das Foto fehlt !

Euskirchen-Flamersheim, am 20.7.2021. Obwohl der Ort Flamersheim selbst an keinem nennenswerten Gewässer liegt, haben die Niederschlagsmengen allein offensichtlich viele Wohnungen zerstört. © Creative Commons - Lizenz (CC-BY-SA-4.0), Bildautor Raimond Spekking .


Die Gemeinde Swisttal wurde zu großen Teilen überflutet, obwohl sie im Einzugsgebiet eines nur kleinen Gewässers mit geringem Gefälle bzw. Bergeffekt liegt.

Der Rhein-Sieg-Kreis ließ die Bewohner der überschwemmten Swisttaler Ortschaften mit Hubschraubern und Booten evakuieren, in Swisttal 6000 Menschen, in Rheinbach-Oberdrees und -Niederdrees weitere 2000 Menschen [Hochwasser-Blog Rhein-Sieg Rundschau, Donnerstag, 15. Juli]. Es wurde eine weitere Flut durch den Bruch der Steinbach-Talsperre befürchtet.

Die landwirtschaftlichen Kulturen in der Ebene des Swistbaches, an dem auch Meckenheim liegt, wurden stark in Mitleidenschaft gezogen [NEWS am 16. Juli 2021].


Auch in Rheinbach weiter westlich am Fuß des Geländeanstiegs zur Eifel hat das Wasser "bis zu 1,50 Meter in den Straßen" gestanden [Kreisstadt Siegburg, am 15.07.2021], obwohl der Ort an keinem nennenswertem Gewässer liegt.
Rheinbach wird nur von sehr kleinen Bächen erreicht, die dennoch eine derartig hohe Wasserführung hatten, dass sie LKWs über größere Strecken fortschwemmen konnten [NEWS am 16. Juli 2021].


Nach den Überflutungen durch Starkregen kam es in der Zülpicher Börde aller Wahrscheinlichkeit zu einer zweiten Flutwelle, als die Erft und andere Gewässer, deren Oberläufe in der Nordeifel liegen, ihre Wassermassen in die Ebene ergossen.

In Morenhoven an der Swift soll die Scheitelwelle am Donnerstag, dem 15. Juli zwischen 6 - 8 h, in Bliesheim an der Erft gegen 10 h angekommen sein [Jörg Manhold in: General-Anzeiger, 21.Juli 2021].


Das vom Wasser zerstörte Inventar der Häuser von Euskirchen-Arloff an der Erft bedeckte nach der Katastrophe ganze Felder.



Die kleine Steinbach-Talsperre wird zur Gefahr

Die recht kleine, lokal aber als Freibad beliebte Steinbach-Talsperre östlich von Arloff wird durch den eigentlich unbedeutenden Steinbach gespeist.

Dessen Wasser überstieg aber die Staumauer der Talsperre und das Staubecken drohte dabei, zu brechen. Eine Ursache dafür war, dass der Überlauf, wie verschiedene Fotos im Internet zeigen, sehr viel von der vorderseitigen Anschüttung der Staumauer ausspülte.


Auf Grund der extremen Regenmengen von 178 mm in ihrem Einzugsgebiet auf "bereits durchfeuchteten Böden" am 14. Juli wurden also durch Überflutung der Dammkrone mit großen Mengen Wasser "etliche übermannshohe Flutrinnen" erodiert [Wikipedia-Artikel "Steinbachtalsperre"].
Das erodierte Dammmaterial hatte sich darüberhinaus "über den Auslauf des Grundablasskanals ergossen" und damit den Grundablass verstopft [Wikipedia-Artikel "Steinbachtalsperre"].

Der Wasserübertritt soll sich auf 110 m³/s belaufen haben, während der Überlaufkanal nur "für ein tausendjähriges Ereignis mit 20,3 m³/s" ausgelegt war. Die Überspülung des Dammes hörte immerhin schon gegen Mitternacht wieder auf. [Wikipedia-Artikel "Steinbachtalsperre"]


Am Folgetag, dem Donnerstag, den 15. Juli wurde mit nur unzureichenden Pumpen keine nennenswerte Absenkung des Stauspiegels erreicht. Erst am Freitag fiel der Überlauf trocken, doch konnte gleichzeitig der Grundablass freigelegt werden und der Schieber manuell geöffnet werden; durch den Grundablauf von 6 m³/s wurde die Entlastung der Staumauer eingeleitet.

Trotz zusätzlichen Einsatzes weiterer Pumpen konnte der Stausee erst am Montag, dem 19. Juli für sicher erklärt werden.
[Wikipedia-Artikel "Steinbachtalsperre"]


Die Freilegung des Grundablasses und der Einsatz leistungsfähiger Pumpen soll der Feuerwehr Euskirchen und dem Technischen Hilfswerk zu verdanken sein [Hochwasser-Blog Rhein-Sieg Rundschau, Montag, 19. Juli].


Wegen des drohenden Dammbruchs wurde die Evakuierung der zu Euskirchen gehörenden Orte Schweinheim, Flamersheim und Palmersheim veranlasst, die im Einzugsbereich des Unterlaufs des normalerweise ziemlich kleinen Steinbachs liegen. Es handelte sich um etwa 4500 Menschen. [NEWS am 15. und 16. Juli 2021]
Die Evakuierung begann bereits am Abend des 14. Juli ab 21 h.

Auch die zum Rhein-Sieg-Kreis gehörigen Orte Odendorf, Ludendorf, Essig (Gemeinde Swisttal) sowie Miel, Niederdrees, Oberdrees (Stadt Rheinbach) wurden ab 23 h evakuiert. [Wikipedia-Artikel "Steinbachtalsperre"]



Zerstörungen in Erftstadt

Erftstadt-Blessem liegt im Gegensatz zu anderen Orten in der Bördelandschaft direkt an der Erft. Bilder von riesigen ausgespülten Erdlöchern in diesem Ort gingen um die Welt.


In Blessem musste die Flüchtlingsunterkunft bereits am 14. Juli spät abends evakuiert werden, da sie offensichtlich besonders nah am Wasser gelegen war und "komplett unter Wasser" stand.
Die übrige Bevölkerung in Blessem und dem weiter südlich ebenfalls direkt an der Erft gelegenen Ort Bliesheim wurde erst am nächsten Morgen evakuiert. [Stadt Erftstadt: Newsticker, am 14.07.2021]


Die Erft zerstörte viele Häuser im Ortsteil Blessem, indem diese von ihr unterspült wurden.
Auch die Autobahn A1 befand sich am Rand einer Ausspülung und drohte einzubrechen.
Die Situation vor Ort wurde durch eine zerstörte Gasleitung erschwert. [NEWS am 16. Juli 2021]


Am späten Donnerstagvormittag wurde der Katastrophenfall ausgerufen. Die B 265 in Liblar erfuhr eine technisch bedingte plötzliche Überflutung, und das Marienhospital südwestlich von Blessem an der B 265 stand unter Wasser. [Stadt Erftstadt: Newsticker, am 15.07.2021]

Wenig später vermeldete der Newsticker der Stadt Erftstadt: "12.43 Uhr - Die Lage spitzt sich dramatisch zu. Das Rückhaltebecken in Niederberg wird nicht standhalten. Dadurch wird der Rotbach überlaufen. Die Orte Niederberg, Ahrem und Friesheim sind betroffen und die Evakuierung wird eingeleitet. Wenn der Wasserpegel des Rotbachs weiter steigen sollte, ist auch Lechenich gefährdet." [Stadt Erftstadt: Newsticker, am 15.07.2021]


Im weiteren Verlauf des Tages entstanden Probleme mit der Kläranlage.
Der Newsticker dokumentiert: "17.05 Uhr - Wir mussten die Kläranlage in Köttingen aufgeben und vom Strom nehmen. Das bedeutet, dass es zu einem Rückstau von Fäkalienwasser in allen Ortsteilen kommen wird. Auch in den Ortslagen, die nicht vom Hochwasser betroffen sind. Eine Entspannung kann erst erfolgen, sofern das Wasser aus dem Bereich der Kläranlage abgelaufen ist und das THW mit Schmutzwasserhochleistungspumpen tätig werden kann." [Stadt Erftstadt: Newsticker, am 15.07.2021]

Wenige Stunden später am Freitag wurde aber Entwarnung gegeben: "12.27 Uhr - Reines Trinkwasser in Erftstadt. Derzeit kursiert das Gerücht, dass das Trinkwasser in Erftstadt verunreinigt sei, da Fäkalbakterien durch einen Rückstau im Klärwerk in dieses gelangen. Die Frischwasserversorgung in Erftstadt ist nicht beeinträchtigt. Das Trinkwasser in Erftstadt kann bedenkenlos getrunken werden." [Stadt Erftstadt: Newsticker, am 16.07.2021]


Verschiedene Online-Zeitungen wie auch www.tonight.de machten die erschreckenden Bilddokumente von gewaltigen Erdrutschen in Erftstadt-Blessem mit identischen Texten öffentlich. Die Bezirksregierung verbreitete die Luftbilder und Fotos von dpa-Fotografen.

Bei manchen Kommentatoren entstand die Idee, dass es sich bei den Bildern von tief ausgespülten Löchern einfach um Kiesgruben gehandelt haben könnte [NEWS am 17. Juli 2021].

Die unterspülten Häuser könnten zu nahe an den Abbau herangerückt sein (oder dieser an das Wohngebiet), oder es könnte sich um eine rücklaufende Erosion der Grubenränder gehandelt haben.


Die Ausspülungen lassen sich aber ebenso durch die allgemeine geologische Struktur der Erftniederung erklären: Hier sind Flussschotter (oder -kiese) von meterdicken Lössschichten überdeckt, die aber leicht durch Wasser abzuspülen sind, besonders, wenn sie von unten her aufgeweicht werden.


Das 'Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology' bestätigte in seiner "forensischen Analyse", dass sich die Erft in eine Kiesgrube ergossen habe.
Die rücklaufende Erosion habe mindestens 7 Gebäude am nördlichen Ortsausgang zerstört, außerdem "mehrere Landstraßen sowie Teile der A1/A61" beschädigt. [CEDIM, am 21. Juli 2021]




Inhaltsverzeichnis




Die Region um Aachen

Ein Fernseh-Video berichtete zunächst, dass östlich von Aachen in Stolberg die Innenstadt und der Ortsteil Vicht von einer 3 m hohen Flutwelle des Vichtbachs heimgesucht worden war [NEWS am 14. Juli 2021].
Auch in Aachen selbst waren die Straßen geflutet, obwohl die Stadt von keinem Gewässer frequentiert wird.


Ein Krankenhaus in Eschweiler nördlich von Stolberg musste wegen des Ausfalls der Trinkwasser- und Stromversorgung evakuiert werden. Spätere Berichte dokumentierten auch die Überflutung und Zerstörung seiner Einrichtungen bis zum Erdgeschoss durch eindringendes Wasser.

Eschweiler wird von der Inde durchflossen, die sich infolge der Hochflut auch in einen großen Tagebau-Komplex ergoss. [NEWS am 15. Juli 2021]
Dabei war die Inde infolge des Hochwassers aus einer vor wenigen Jahren angelegten, künstlichen Flussumleitung um den Tagebau herum in ihr natürliches Bett zurückgekehrt, um unter starker Erosion in das Grubengelände einzudringen [CEDIM, am 21. Juli 2021].


Erst einige Zeit nach den Unwettern wurde gemeldet, dass die Rurtalsperre überlaufe. Ortsteile von Jülich wurden evakuiert, ihre Bewohner durften aber schon bald wieder zurückkehren. [NEWS am 16. Juli 2021]

Noch etwas später ist bei Heinsberg nördlich von Aachen ein Damm der Rur gebrochen [NEWS am 17. Juli 2021]. Am nächsten Tag stand der Ort Wassenberg-Ophoven an der niederländischen Grenze unter Wasser [NEWS am 18. Juli 2021].




Wallonien und Limburg

Das quer durch Deutschland verlaufende Starkregen-Gebiet "vom hessischen Teil des Rothaargebirges über das südliche Ruhrgebiet" reichte bis zur niederländischen Grenze [CEDIM, am 21. Juli 2021].

Schon am 14. Juli stand die niederländische Provinz Limburg unter Wasser. Am Folgetag wurde die Evakuierung von Maastricht eingeleitet. [NEWS am 14. - 16. Juli 2021]


Die meisten Niederschläge im Südosten der Niederlande und in Belgien sollen aber erst am 15. Juli gefallen sein [CEDIM, am 19. Juli 2021].


In Belgien war die ganze Südost-Hälfte bis zur Provinz Brüssel betroffen. Selbst in der Hauptstadt liefen Tunnel voll. In Lüttich wurden die Anwohner der Flüsse Meuse und Ourthe evakuiert.
Der gesamte Bahnverkehr der Region wurde eingestellt, viele Straßen wurden überflutet.
[belgische Wikipedia, 24. Juli 2021]


Schon am 14. Juli wurden Teile Lüttichs evakuiert. Am Folgetag stand Lüttich unter Wasser. [NEWS am 14. - 16. Juli 2021]



das Foto fehlt !

Pepinster, am 17.7.2021. © Christophe Licoppe, European Commission, EU-Lizenz ; Wikimedia Commons .



Neben Lüttich war besonders das Grenzgebiet Walloniens betroffen - Chaudfontaine, Spa und Verviers [Reporterre, 17. Juli 2021].

Verviers und Pepinster an der Gileppe erlitten schwere Schäden durch eine Flutwelle.
In Verviers führte der Einsturz von Häusern zu Todesopfern. [NEWS am 19. Juli 2021]


Die belgische Wikipedia berichtet rückblickend von 36 Toten in Belgien.



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