Aktuelle meteorologische Theorien zur Ursache der Starkregen-Katastrophe 2021 (Fortstzg.)




Einleitung
Das flüchtige Tief 'Bernd'
- Bewegungsrichtung der Unwetter
Trogwetterlage, Kaltlufttropfen und Höhentief
- Höhentief und Kältetief
Wetterlage des 'Europäischen Sommermonsuns'
Außergewöhnliche Mengen an 'niederschlagsfähigem Wasser'
Zusammenhang mit dem Klimawandel
Quellenangaben




Das flüchtige Tief 'Bernd'


Bei diesen vielfach aufgegriffenen Mutmaßungen unklar blieb der Zusammenhang mit dem Tief 'Bernd', das im Nord-Atlantik entstand und sich am Montag, dem 12. Juli über Großbritannien formierte. Alle Kommentare waren sich offensichtlich darin einig, dass ein gewöhnliches Tief für solche Ereignisse nicht ausreiche.


Vielfach wurde die stationäre Lage dieses Tiefs suggeriert, die aber gar nicht gegeben war.
Jedoch war dem aktuellen Tief am Wochenende (10.-11. Juli) ein weiteres Tief namens "Arno" unmittelbar vorangegangen, während sich "Bernd" noch über dem Nordatlantik befand [Météo France, 16. Juli 2021].


Mitarbeiter des 'Karlsruher Institut für Technologie (KIT)' statuierten am 16.07.2021 im Deutschlandfunk: "Zunächst steuerte das Tief aus dem Mittelmeerraum sehr feuchte und warme Luft nach Deutschland und löste bereits am Wochenende vielerorts lokalen Starkregen und Hagelunwetter aus." [Grams/ Quinting 16.07.2021]
Das war also am 9. - 11. Juli; dann kann es sich nicht um das Tief 'Bernd', sondern muss es sich um ein anderes Tief gehandelt haben!


Der Deutsche Wetterdienst statuiert hingegen, 'Bernd' sei von Hochdruckgebieten "umzingelt" gewesen und habe aus dem Osten (!) "sehr warme und extrem feuchte Luft nach Deutschland" geschaufelt [DWD, am 15.07.2021]. Weder Hochdruckgebiete noch die Herkunft der feucht-warmen Luft ließen sich durch die kleinräumigen Wetterkarten des DWD verifizieren, die nicht über die deutschen Landesgrenzen hinausreichen.

Die großräumige Luftmassenbewegung eines Tiefdrucksystems gegen den Uhrzeigersinn hätte die für derartige Regenmengen erforderliche feucht-warme Luft allerdings sowohl aus dem afrikanischen oder mediterranen Südwesten als auch aus der Sommerhitze des Ostens und Südostens beziehen können.


Bei Météo France wurde eine Bodenwetterkarte des DWD vom 15. Juli mit Einzeichnung einer Konvergenz veröffentlicht. Diese könnte vielleicht aus dem Zusammenschluss der beiden Tiefs 'Bernd' und 'Arno' entstanden sein, war aber bereits weiter nach Osten gewandert und bildete einen mächtigen Bogen von Dänemark über die Danziger Bucht bis nach Serbien. [Météo France, 16. Juli 2021]
Auf dieser Bodenwetterkarte sind auch die Hochs zu finden, die sich weiter östlich befanden. Warum sind diese informativen Karten des Deutschen Wetterdienstes im deutschen Internet unauffindbar?


Die Mitarbeiter des KIT präzisierten: "Eingebettet in eine stark ausgelenkte Höhenströmung und festgehalten von stationären Hochdruckgebieten über dem Atlantik und Nordosteuropa wurde Tief 'Bernd' in den letzten Tagen nahezu ortsfest über Mitteleuropa." [Grams/ Quinting 16.07.2021].
Das deckt sich keinesfalls mit den Tatsachen, denn das Tief 'Bernd' wurde zum Glück ziemlich rasch von einem Zwischenhoch abgelöst. Schon am Tag nach dem Unwetter meldete der Deutsche Wetterdienst, das Hochdruckgebiet 'Dana' über den Britischen Inseln werde die "Unwetterlage" beenden [DWD, am 15.07.2021].


Vielmehr war nur der Dauerregen "ortsfest", was eher auf eine Stausituation, Konvergenz oder verstärkte Konvektion schließen lässt. Eine weitere Interpretation [CEDIM, am 19. Juli 2021] führt den Dauerregen auf die Nähe zum Tiefdruck-Kern zurück.

Ebenso "ortsfest" blieb während des ganzen Sommers die allgemeine Wetterlage mit permanent bedecktem Himmel und häufig auftretenden, für hiesige Verhältnisse extremen Starkregen, was eher auf eine Klimaanomalität oder einen Klimawandel schließen lässt.



Inhaltsverzeichnis



Bewegungsrichtung der Unwetter

Es wurden wiedersprüchliche Angaben zur Bewegungrichtung der Unwetterlage verbreitet.
Die Webseite "www.wetteronline.de" behauptete am 22.07.2021 in ihrer Analyse sogar, das Tief 'Bernd' habe sich "vom Golf vom Genua" nach Mitteleuropa "geschoben" ...


Doch scheint sich der Kern eines großen Tiefdrucksystems am 12.7. tatsächlich eher im Südwesten befunden haben: in einem Raum vom nördlichen Zentralmassiv Frankreichs über Burgund und die Schweiz bis nach Baden-Württemberg.
Am 13.07. verlagerte sich die Niederschlagstätigkeit weiter in den Norden, aber auch in den südlichen Alpenraum. [DWD, am 21.07.2021]


In dem die Flutkatastrophe behandelnden Wikipedia-Artikel wird als ihr Verlauf angegeben: Eifel-Sauerland-Raum, dann Jura-Raum und zuletzt die Ostalpen [Wikipedia, 2. August 2021].

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) beschreibt hingegen einen genau umgekehrten Verlauf über Ostdeutschland zu den Ostalpen: Vom Abzug des Tiefs 'Bernd' seien "das Osterzgebirge, die Lausitz und das Berchtesgadener Land" betroffen gewesen [DWD, am 21.07.2021]. Und: "Kaum hatten sich die Regenwolken in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz verzogen, öffnete „Bernd“ am 17. seine Schleusen im Chiemgau und Berchtesgadener Land" [DWD, am 30.07.2021].

In den beigefügten Niederschlagskarten ist hingegen zu sehen, dass Thüringen und Sachsen bereits am 13.7. von ebenso heftigen Starkregen betroffen waren wie Nordrhrein-Westfalen [DWD, am 21.07.2021]; erst am 14.7. konzentrierte sich der Starkregen in potenzierter Form auf den Westen Deutschlands und Ost-Belgien.
Andererseits waren der Südwesten Deutschlands und der französische Jura bereits am 12.7. von heftigen Starkregen betroffen [DWD, am 21.07.2021].


Nach einem Interview mit dem Meteorologen B. Goldhausen befand sich ein Tief über Deutschland, das gegen den Uhrzeigersinn "aus dem Mittelmeerraum feuchte und warme Luft über Ostdeutschland nach Westen gelenkt und gleichzeitig kühlere Luft auf der Westseite angesaugt hat." [Anke Mersmann in: Rhein-Zeitung 17. Juli 2021]

Dieser Vorgang hätte demnach nur auf der Nordseite (Rückseite) des Tiefs stattfinden können.


Alle Widersprüche hätten vermieden werden können, wenn sich irgendjemand in Deutschland bereit finden würde, großräumige, über den eigenen Sprengel hinausgehende Wetterkarten zu veröffentlichen.

Um sich auf eine Unwetterkatastrophe vorzubereiten ist es zwingend notwendig, zu wissen, woher sie kommt. Dazu muss man die Lage des Kerns eines großräumigen Tiefdruckgebietes kennen, um die Richtung der ihn umfließenden Luftströmungen und Fronten einschätzen zu können.

Die der Öffentlichkeit vorenthaltenen großräumigen Wetterkarten für den Zeitraum der Katastrophe hätten gezeigt, dass sich das Tief von Frankreich näherte und sich zuletzt nur die Fronten seiner Rückseite über der Grenzregion zwischen Frankreich, Deutschland und Belgien bewegten.


Aus den vom Deutschen Wetterdienst veröffentlichten Niederschlagskarten ging nur die Lage der katastrophalen Regenmengen hervor, aber nicht, ob sich die Regenfronten vom SW nach O und weiter nördlich zurück nach Westdeutschland bewegten, wie es für ein normales Tief zu erwarten wäre, oder vom NW nach O und zurück in die Alpen, was eher unwahrscheinlich wäre.
Das letztere Phänomen, eine Luftbewegung im Uhrzeigersinn, könnte ein Hoch wie "Dana" verursacht haben, welches das Tief ja gerade noch rechtzeitig vor einer bleibenden Sintflut nach Südost-Europa abzudrängen vermochte.


Luftbewegungen und Regenfronten entsprechen natürlich nicht dem Kern des jeweiligen Drucksystems, es handelt sich in jedem Fall um ein sehr großräumiges Geschehen. Gleichzeitig mit den katastrophalen Niederschlägen in Westeuropa am 14.7. brachte dieses Tiefdrucksystem übrigens auch vergleichbare Regenmengen in den Süden Polens - ebenfalls ein Mittelgebirgs-Gebiet.


Eine großräumigere Betrachtung der Ereignisse zeigt auch, dass es sich um mehrere Fronten handelte: Seit der Nacht zum Dienstag, dem 13. Juli erhielten der Osten Frankreichs, die Schweiz und Westdeutschland hohe Niederschläge; am Abend verlagerte sich diese Regenfront aber nach Osten, während sich eine zweite über Belgien bildete. [Wetterkarten wetter3.de]

Dieses zweite Regengebiet verharrte 24 h über Ost-Belgien und Westdeutschland und verstärkte dort erst am Abend des 14. Juli die Niederschläge auf 25 mm und mehr in 6 h [Wetterkarten wetter3.de].

Auf Grund der zyklonalen Luftbewegung sind diese Regenmengen nicht von Westen, sondern aus dem Norden und Osten in die Katastrophengebiete gelangt.

Auch am 15. und 16. Juli erhielten Ostfrankreich und die Schweiz weiterhin hohe Regenmengen.



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